Frankreich braucht keine atomaren Zeitbomben, sondern die Energiewende
In Frankreich gibt es eine Organisation, die sich WISE-Paris nennt. Ihre Entstehungsgeschichte schildert sie wie folgt auf ihrer Webseite: “Auf Grund eines in Frankreich offensichtlichen Fehlens von unabhängigen und zuverlässigen Informationen bezüglich der Energiesysteme, insbesondere der Atomenergie, haben wir 1983 in Paris die Organisation WISE-Paris gegründet. WISE-Paris versteht sich als einen weltweiten Informationsdienst über Energie und Umwelt. Unser Dokumentationsdienst, den wir seit 1983 sorgfältig angelegt haben, besteht aus nationalen und internationalen Arbeiten, technischen und wissenschaftlichen Berichten, Presseartikeln sowie der Zugang zu tausenden von elektronischen Datenbanken. Auf diese Weise können wir heute ein komplettes Bild über den Stand der Information und des Nachdenkens über die Energie und zur Umwelt in Frankreich und in der Welt bieten.”
Der Präsident von WISE-Paris, Yves Marignac, hat in einem Beitrag für den “Nouvel Observateur” unmissverständlich klar gemacht, dass die derzeitige französische Nuklearpolitik die eigenen Atomkraftwerke zu Zeitbomben macht. Er ist der Ansicht, dass zur Zeit ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen Politik und Nuklearindustrie besteht, nach Möglichkeit den Neubau von Atomkraftwerken nicht voran zu treiben. Dafür sollte die Laufzeit der Altmeiler konsequent verlängert werden. Bereits abgeschriebene Atomkraftwerke würden Strom auf die billigste und für die Konzerne lukrativste Weise produzieren. Der Neubau von als sicher geltenden Atommeilern wie der EPR-Reaktor in Flamanville lassen durch exorbitante Kosten die Gewinnerwartungen erheblich sinken. Die Nuklearindustrie und die mit ihnen verbundenen Politiker hofften, dass nach einiger Zeit sich der Fukushima-Schock legen werde und man dann ungehindert den Neubau von Atomkraftwerken angehen könne.
In Fukushima habe ein Sicherheitssystem nach dem anderen versagt. Und entgegen der landläufigen Meinung in Frankreich könne man dieses Versagen auch auf die Atomkraftwerke in Frankreich übertragen. Zwar werde es sich nicht um dieselben Ursachen handeln, aber man sei auch nicht vor anderen Ursachen geschützt, die denselben Effekt haben würden. Die Überprüfung der französischen Atomkraftwerke nach dem Fukushima-Ereignis sei auf halbem Weg stehen geblieben. Bestimmte Szenarios seien von vornherein nicht in Betracht gezogen worden. So sei man bisher nicht davon ausgegangen, dass es zu einer Kernschmelze kommen könne oder dass eine Wasserstoffexplosion möglich sei. Die Betonkuppeln der Atomkraftwerke seien nicht nicht auf Wasserstoffexplosionen getestet worden, dies betreffe auch die Kuppeln neuerer Meiler, die ein doppelte Hülle hätten. Ein weiterer Schwachpunkt seien die Abklingbecken, dort gehe man nur davon aus, dass ein Wasserverlust auf Grund Verdunstung eintreten könne. Dafür sei man vorbereitet, aber nicht auf einen Riss im Becken oder in den Wasserkanälen auf Grund eines Erdbebens. Ein anderes nicht zu Ende gedachtes Szenario ist das in den Atomkraftwerken verwendete Zirkonium und die MOX-Brennstäbe. Hier würden nur eingeschränkte Szenarios, aber nicht jede durchaus mögliche Gefahrenlage geprüft.
Die Meinung von Yves Marignac zur derzeitigen Situation in Frankreich bezüglich der Diskussion um die Energieversorgung: “Leider gräbt sich die aktuelle Regierung in der Verteidigung eines Systems, das wir aus der Vergangenheit geerbt haben, ein, statt an die Zukunft zu denken. Insofern bietet sich jetzt im Präsidentschaftswahlkampf ein Raum für eine Debatte und ich wage zu denken, dass in diesen Zeiten sich diese Phase einer 40-jährigen Politik im Dienst der Nuklearenergie als einer nationaler Sache, die bisher jede politische Änderung überstanden hat, schließt. Wir erleben zur Zeit wie nie zuvor eine Diversifizierung der politischen Angebote über die Nuklearenergie. Wir werden nicht nur uns darauf spezialisieren, die Sicherheitsmängel anzuzeigen, sondern auch mit technischem Beistand die Verbesserung der Sicherheit der Atomkraftwerke, deren Laufzeit verlängert werden sollen, begleiten. Nur ein Prozess, in dem die Zivilgesellschaft und die Organisationen sich zusammentun und die Initiative ergreifen, wird es erlauben von von einem veralteten zentralisierte Nuklearsystem, das am Ende ist, zu einem System zu kommen, dass den Energiebedürfnissen von morgen angepasst ist. Die Situation drängt, wenn wir nicht wollen, dass Frankreich den Wandel seiner Energiesysteme verpasst.”
Siehe auch:
Frankreich: Atomkraftwerke nicht kontrollierbar
Stromlücke dank Atomkraftwerken?
Sarkozy hält die Schließung eines Uralt-AKW für einen Skandal
Informationsquelle
Un an après Fukushima, prolonger le nucléaire en France est une bombe à retardement – Nouvel Observateur
Der Präsident von WISE-Paris, Yves Marignac, hat in einem Beitrag für den “Nouvel Observateur” unmissverständlich klar gemacht, dass die derzeitige französische Nuklearpolitik die eigenen Atomkraftwerke zu Zeitbomben macht. Er ist der Ansicht, dass zur Zeit ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen Politik und Nuklearindustrie besteht, nach Möglichkeit den Neubau von Atomkraftwerken nicht voran zu treiben. Dafür sollte die Laufzeit der Altmeiler konsequent verlängert werden. Bereits abgeschriebene Atomkraftwerke würden Strom auf die billigste und für die Konzerne lukrativste Weise produzieren. Der Neubau von als sicher geltenden Atommeilern wie der EPR-Reaktor in Flamanville lassen durch exorbitante Kosten die Gewinnerwartungen erheblich sinken. Die Nuklearindustrie und die mit ihnen verbundenen Politiker hofften, dass nach einiger Zeit sich der Fukushima-Schock legen werde und man dann ungehindert den Neubau von Atomkraftwerken angehen könne.
In Fukushima habe ein Sicherheitssystem nach dem anderen versagt. Und entgegen der landläufigen Meinung in Frankreich könne man dieses Versagen auch auf die Atomkraftwerke in Frankreich übertragen. Zwar werde es sich nicht um dieselben Ursachen handeln, aber man sei auch nicht vor anderen Ursachen geschützt, die denselben Effekt haben würden. Die Überprüfung der französischen Atomkraftwerke nach dem Fukushima-Ereignis sei auf halbem Weg stehen geblieben. Bestimmte Szenarios seien von vornherein nicht in Betracht gezogen worden. So sei man bisher nicht davon ausgegangen, dass es zu einer Kernschmelze kommen könne oder dass eine Wasserstoffexplosion möglich sei. Die Betonkuppeln der Atomkraftwerke seien nicht nicht auf Wasserstoffexplosionen getestet worden, dies betreffe auch die Kuppeln neuerer Meiler, die ein doppelte Hülle hätten. Ein weiterer Schwachpunkt seien die Abklingbecken, dort gehe man nur davon aus, dass ein Wasserverlust auf Grund Verdunstung eintreten könne. Dafür sei man vorbereitet, aber nicht auf einen Riss im Becken oder in den Wasserkanälen auf Grund eines Erdbebens. Ein anderes nicht zu Ende gedachtes Szenario ist das in den Atomkraftwerken verwendete Zirkonium und die MOX-Brennstäbe. Hier würden nur eingeschränkte Szenarios, aber nicht jede durchaus mögliche Gefahrenlage geprüft.
Die Meinung von Yves Marignac zur derzeitigen Situation in Frankreich bezüglich der Diskussion um die Energieversorgung: “Leider gräbt sich die aktuelle Regierung in der Verteidigung eines Systems, das wir aus der Vergangenheit geerbt haben, ein, statt an die Zukunft zu denken. Insofern bietet sich jetzt im Präsidentschaftswahlkampf ein Raum für eine Debatte und ich wage zu denken, dass in diesen Zeiten sich diese Phase einer 40-jährigen Politik im Dienst der Nuklearenergie als einer nationaler Sache, die bisher jede politische Änderung überstanden hat, schließt. Wir erleben zur Zeit wie nie zuvor eine Diversifizierung der politischen Angebote über die Nuklearenergie. Wir werden nicht nur uns darauf spezialisieren, die Sicherheitsmängel anzuzeigen, sondern auch mit technischem Beistand die Verbesserung der Sicherheit der Atomkraftwerke, deren Laufzeit verlängert werden sollen, begleiten. Nur ein Prozess, in dem die Zivilgesellschaft und die Organisationen sich zusammentun und die Initiative ergreifen, wird es erlauben von von einem veralteten zentralisierte Nuklearsystem, das am Ende ist, zu einem System zu kommen, dass den Energiebedürfnissen von morgen angepasst ist. Die Situation drängt, wenn wir nicht wollen, dass Frankreich den Wandel seiner Energiesysteme verpasst.”
Siehe auch:
Frankreich: Atomkraftwerke nicht kontrollierbar
Stromlücke dank Atomkraftwerken?
Sarkozy hält die Schließung eines Uralt-AKW für einen Skandal
Informationsquelle
Un an après Fukushima, prolonger le nucléaire en France est une bombe à retardement – Nouvel Observateur
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