Hinkley Point: Britische Energiepolitik im Blindflug
Die britische Regierung will neue Atomkraftwerke bauen. Begründet wird dies mit den steigenden Energiekosten und dem absurden Argument, dass es sich beim neuen Atomkraftwerk Hinkley-Point, das ein Konsortium aus EDF und 2 chinesischen Konzernen bauen soll, um ein Projekt handle, das ohne Subventionen auskomme. Ministerpräsident Cameron verspricht: “Indem wir in die Nuklearenergie investieren erreichen wir, dass die Elektrizitätsrechnung billiger sein wird wie das, was wir investiert haben.
Viele fragen sich, ob Herr Cameron ein Hellseher ist. Woher weiß er, wie hoch die Energiepreise in 10 bis 20 Jahren sein werden oder gar in 45 Jahren. Die britische Regierung ist stolz darauf, dass für den Bau des AKW keine Subventionen gezahlt werden. Dass die Regierung aber EDF & Co einen Abnahmepreis für den Strom garantiert, kann man eigentlich nur mit Bauernschläue der Bevölkerung nicht als Subvention verkaufen. Ab jedes Jahr der Produktion wird zudem ein Inflationsausgleich auf den bereits garantierten Abnahmepreis, der ums doppelte höher ist wie der derzeitige, erhobene Strompreis. Zudem garantiert der britische Staat für 65% der Baukosten (insgesamt 10 Milliarden £, ca 12 Mrd €). Er übernimmt die Haftung für den Atommüll und die einmal fälligen Rückbaukosten. Die Betreiber haften nur für Schäden bei einer Havarie bis zur Höhe von 1,2 Mrd £. Im Vergleich dazu: Fukushima hat den Japanern bisher konservativ geschätzt 300 Mrd £ gekostet. Auf dem freien Markt rechnet man von 0,14 bis 2,36 € pro gelieferter Kwh. Wenn diese Abmachung also nicht eine versteckte Subvention ist, dann muss man Cameron heißen.
Alles deutet daraufhin, dass die Erneuerbaren Energien bis zum Betrieb von Hinkley Point um einiges preiswerter wie der Atomstrom sein werden. Die zu erwartende Steigerung der Produktion über Wind-, Wasser- und Sonnenenergie wird voraussichtlich beim Produktionsstart von Hinkley Point einen Großteil des Bedarfs decken. Es wird zu einer Überversorgung kommen. Die Grundlast, für die ein Atomkraftwerk höchstens gebraucht werden kann, wird durch die Erneuerbaren abgedeckt. Atomkraftwerke können nicht flexibel rauf und runter gefahren werden. Kurzum: Sie werden nicht mehr benötigt und sind später nur noch ein Klotz am Bein der Konsumenten und der zukünftigen Generationen, die sich mit ihrem verstrahlten Erbe rumschlagen müssen.
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ; Autor: Peter Rásonyi) hat in einem sehr interessanten Artikel unter dem Titel “Hastige Renaissance der Kernenergie” die Widersprüche der britischen Energie-Politik dargestellt. Die Überschriften der einzelnen Abschnitte weisen auf die Probleme hin: “Vertrauen in die Sicherheit / Kurzfristige Denken / Bauen heute, bezahlen später / Ungewisse Zukunft / Hohe Kosten in der Kritik. Rasonyi weist daraufhin, “dass ein neues Atomkraftwerk in Grossbritannien so problemlos durchzusetzen ist in einer Zeit, in der etwa Deutschland oder auch die Schweiz in die entgegengesetzte Richtung marschieren und in der nur ganz wenige westliche Staaten – Frankreich, Finnland, und auch diese nur mit Mühe – neue AKW bauen, ist bemerkenswert. So wie die Ängste in manchen Staaten mitunter irrational anmuten, so ist auch die verbreitete Sorglosigkeit in Grossbritannien nicht frei von Widersprüchen.”
Großbritannien verfügt gar nicht mehr über die entsprechende Technologie für den Bau von Atomkraftwerken. Deshalb vertraut das Land eine derart riskante Technik unter anderem auch chinesischen Firmen an. Laut NZZ “wird die Tatsache, dass heute in Grossbritannien keine Spur vom industriellen Know-how zum Bau von Atomkraftwerken mehr vorhanden ist und das Land für die Neubauten auf Firmen aus Frankreich, Japan und China angewiesen ist, oft diskret übersehen”.
Unfälle wie in Fukushima kann es nicht geben? The Ecologist schreibt dazu: “Der Kanal von Bristol eignet sich gut um Flutwellen zu verstärken, die mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h eine Höhe von 2 bis 3 Meter erreichen können. Ein Tsunami aus dem Atlantik würde den Effekt noch verstärken. Das ist genau das, was im Jahre 1607 geschah, als ein riesige Welle den Kanal hinauf schoss, dutzende Dörfer und Weideland überflutete und Ursache für den Tod von tausenden von Menschen entlang einer 570 km langen Küstenlinie war. Niemand kennt den Grund für den Tsunami 1607. Man vermutet eine tektonische Bewegung in der Irischen See oder dem Atlantik. Es könnte sein, dass die nächsten paar 1000 Jahre kein Tsunami den Kanal von Bristol heimsuchen wird. Es könnte aber auch sein, dass das nächste Woche passiert. Ein zukünftiger Tsunami könnte kleiner oder auch viel größer sein. Er könnte den ganzen Atomkraftwerk-Komplex von Hinkley auslöschen mit katastrophalen Folgen. Ist also Hinkley Point ein sicherer Platz, um ein Atomkraftwerk zu bauen? Wohl kaum”.
Vorerst suhlt sich die Regierung und der Ministerpräsident in Selbstlob über die Investition von 16 Milliarden £ und bezeichnet dies als “brillante Neuigkeiten”. Und er lässt die Katze aus dem Sack und sagt: “Da wir in einem harten globalen Wettbewerb stehen, unterstreicht dies das vorhandene Vertrauen in Großbritannien und macht klar, dass wir sehr offen für Geschäfte sind.” Steht ihm das Wasser so zum Hals, dass er jedes Geschäft annehmen muss?
Vom nuklearen Müll braucht man gar nicht zu sprechen. Dabei hat Großbritannien genauso wenig wie andere Länder bisher des Rätsels Lösung gefunden. Vorläufig wird der Müll in der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield gestapelt bis ein Endlager gefunden ist. Ein Endlager, das verzweifelt gesucht wird, denn bis 2030 rechnet man mit 3.000 Kubikmeter hochradioaktivem Müll. 3 Versuche ein Endlager festzulegen sind bereits am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Wer das Risiko nicht haben will, darf auch keinen nuklearen Müll mehr produzieren. Soweit ist die britische Regierung aber noch nicht.
Informationsquelle
With nuclear power: truth is the first casualty – The Ecologist
Hastige Renaissance der Kernenergie - NZZ
Value for money or subsidising the French? What the nuclear power deal means for your – and your grandchildren's - energy bills
Viele fragen sich, ob Herr Cameron ein Hellseher ist. Woher weiß er, wie hoch die Energiepreise in 10 bis 20 Jahren sein werden oder gar in 45 Jahren. Die britische Regierung ist stolz darauf, dass für den Bau des AKW keine Subventionen gezahlt werden. Dass die Regierung aber EDF & Co einen Abnahmepreis für den Strom garantiert, kann man eigentlich nur mit Bauernschläue der Bevölkerung nicht als Subvention verkaufen. Ab jedes Jahr der Produktion wird zudem ein Inflationsausgleich auf den bereits garantierten Abnahmepreis, der ums doppelte höher ist wie der derzeitige, erhobene Strompreis. Zudem garantiert der britische Staat für 65% der Baukosten (insgesamt 10 Milliarden £, ca 12 Mrd €). Er übernimmt die Haftung für den Atommüll und die einmal fälligen Rückbaukosten. Die Betreiber haften nur für Schäden bei einer Havarie bis zur Höhe von 1,2 Mrd £. Im Vergleich dazu: Fukushima hat den Japanern bisher konservativ geschätzt 300 Mrd £ gekostet. Auf dem freien Markt rechnet man von 0,14 bis 2,36 € pro gelieferter Kwh. Wenn diese Abmachung also nicht eine versteckte Subvention ist, dann muss man Cameron heißen.
Alles deutet daraufhin, dass die Erneuerbaren Energien bis zum Betrieb von Hinkley Point um einiges preiswerter wie der Atomstrom sein werden. Die zu erwartende Steigerung der Produktion über Wind-, Wasser- und Sonnenenergie wird voraussichtlich beim Produktionsstart von Hinkley Point einen Großteil des Bedarfs decken. Es wird zu einer Überversorgung kommen. Die Grundlast, für die ein Atomkraftwerk höchstens gebraucht werden kann, wird durch die Erneuerbaren abgedeckt. Atomkraftwerke können nicht flexibel rauf und runter gefahren werden. Kurzum: Sie werden nicht mehr benötigt und sind später nur noch ein Klotz am Bein der Konsumenten und der zukünftigen Generationen, die sich mit ihrem verstrahlten Erbe rumschlagen müssen.
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ; Autor: Peter Rásonyi) hat in einem sehr interessanten Artikel unter dem Titel “Hastige Renaissance der Kernenergie” die Widersprüche der britischen Energie-Politik dargestellt. Die Überschriften der einzelnen Abschnitte weisen auf die Probleme hin: “Vertrauen in die Sicherheit / Kurzfristige Denken / Bauen heute, bezahlen später / Ungewisse Zukunft / Hohe Kosten in der Kritik. Rasonyi weist daraufhin, “dass ein neues Atomkraftwerk in Grossbritannien so problemlos durchzusetzen ist in einer Zeit, in der etwa Deutschland oder auch die Schweiz in die entgegengesetzte Richtung marschieren und in der nur ganz wenige westliche Staaten – Frankreich, Finnland, und auch diese nur mit Mühe – neue AKW bauen, ist bemerkenswert. So wie die Ängste in manchen Staaten mitunter irrational anmuten, so ist auch die verbreitete Sorglosigkeit in Grossbritannien nicht frei von Widersprüchen.”
Großbritannien verfügt gar nicht mehr über die entsprechende Technologie für den Bau von Atomkraftwerken. Deshalb vertraut das Land eine derart riskante Technik unter anderem auch chinesischen Firmen an. Laut NZZ “wird die Tatsache, dass heute in Grossbritannien keine Spur vom industriellen Know-how zum Bau von Atomkraftwerken mehr vorhanden ist und das Land für die Neubauten auf Firmen aus Frankreich, Japan und China angewiesen ist, oft diskret übersehen”.
Unfälle wie in Fukushima kann es nicht geben? The Ecologist schreibt dazu: “Der Kanal von Bristol eignet sich gut um Flutwellen zu verstärken, die mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h eine Höhe von 2 bis 3 Meter erreichen können. Ein Tsunami aus dem Atlantik würde den Effekt noch verstärken. Das ist genau das, was im Jahre 1607 geschah, als ein riesige Welle den Kanal hinauf schoss, dutzende Dörfer und Weideland überflutete und Ursache für den Tod von tausenden von Menschen entlang einer 570 km langen Küstenlinie war. Niemand kennt den Grund für den Tsunami 1607. Man vermutet eine tektonische Bewegung in der Irischen See oder dem Atlantik. Es könnte sein, dass die nächsten paar 1000 Jahre kein Tsunami den Kanal von Bristol heimsuchen wird. Es könnte aber auch sein, dass das nächste Woche passiert. Ein zukünftiger Tsunami könnte kleiner oder auch viel größer sein. Er könnte den ganzen Atomkraftwerk-Komplex von Hinkley auslöschen mit katastrophalen Folgen. Ist also Hinkley Point ein sicherer Platz, um ein Atomkraftwerk zu bauen? Wohl kaum”.
Vorerst suhlt sich die Regierung und der Ministerpräsident in Selbstlob über die Investition von 16 Milliarden £ und bezeichnet dies als “brillante Neuigkeiten”. Und er lässt die Katze aus dem Sack und sagt: “Da wir in einem harten globalen Wettbewerb stehen, unterstreicht dies das vorhandene Vertrauen in Großbritannien und macht klar, dass wir sehr offen für Geschäfte sind.” Steht ihm das Wasser so zum Hals, dass er jedes Geschäft annehmen muss?
Vom nuklearen Müll braucht man gar nicht zu sprechen. Dabei hat Großbritannien genauso wenig wie andere Länder bisher des Rätsels Lösung gefunden. Vorläufig wird der Müll in der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield gestapelt bis ein Endlager gefunden ist. Ein Endlager, das verzweifelt gesucht wird, denn bis 2030 rechnet man mit 3.000 Kubikmeter hochradioaktivem Müll. 3 Versuche ein Endlager festzulegen sind bereits am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Wer das Risiko nicht haben will, darf auch keinen nuklearen Müll mehr produzieren. Soweit ist die britische Regierung aber noch nicht.
Informationsquelle
With nuclear power: truth is the first casualty – The Ecologist
Hastige Renaissance der Kernenergie - NZZ
Value for money or subsidising the French? What the nuclear power deal means for your – and your grandchildren's - energy bills
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