Wie schnell Nuklearkatastrophen vergessen werden
Die Welt hat schon einiges erlebt an Nuklearkatastrophen. Viele sind schon längst vergessen, obwohl ihre Wirkungen immer noch Landschaften und Menschen belasten. Der Grad dieses Vergessens steht auch für die doch immer wieder hoch und heilig versprochene Sicherheit der nuklearen Entsorgung auf tausende von Jahren hinaus. Einige Nuklearkatastrophen sind bewusst herbeigeführt worden, weil die Koryphäen der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft scheinbar keine Ahnung hatten, was sie tun. So die Katastrophe von Beryl, an die vor kurzem der Nuklearphysiker Raymond Sené und der Chemie-Ingenieur Louis Boulidon in der französischen Zeitung "Libération" erinnerten.
Vor 51 Jahren, genau genommen am 1. Mai 1962, hat Frankreich mit General de Gaulle als Staatschef seinen zweiten unterirdischen Atombombentest im Bergmassiv von Hoggar in Algerien unternommen. Der Versuch hatte den Code-Namen Beryl. Die Paten des Unternehmens waren der damalige Verteidigungsminister Pierre Messmer und der Forschungsminister Gaston Paslewski. Der zweite Atombombentest Frankreichs hatte nicht die bejubelte Öffentlichkeitswirksamkeit wie der erste Versuch. Das nicht ohne Grund, denn "Beryl" artete zu einer Nuklearkatastrophe aus.
Die beiden Autoren beschreiben, was passierte: "Der Berg, unter dem die Bombe in den Tiefen gezündet wurde, öffnete sich in Folge der Explosion und eine sehr radioaktive Wolke bedeckte hunderte von Militärs und Zivilisten, die vor dem Berg anwesend waren. Alle wurden in verschiedenen Stärken vom radioaktiven Ausfall betroffen. Ein abrupter Wechsel der Windrichtung rund um das Massiv sorgte dafür, dass der radioaktive Ausfall in alle Windrichtungen erfolgte. Der gefährlichste Teil der Wolke bewegte sich in südlicher Richtung direkt auf die lebenswichtigen militärischen Anlagen und auf die umliegenden Dörfer bis zum Ort Tamanrasset und darüber hinaus zu. Auch Gruppen von Tourareg-Nomaden, die sich in diesen Gebieten aufhielten, waren ebenfalls von der radioaktiven Wolke betroffen."
Die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Folgen dieser Katastrophe sind von den französischen Regierungen bis 2010 ignoriert worden. Erst durch das 2010 erlassen Gesetz Morin wurde die Katastrophe anerkannt, aber ohne Antwort darauf, wie die Opfer für ihre Leiden entschädigt werden sollten. Sené und Boulidon verlangen, dass Frankreich sich an die Opfer dieser Katastrophe erinnern müsse. Die Dimension des Desasters könne man an dem Niemandsland rund um den Berg Tan-Affela ermessen, den Frankreich Algerien hinterlassen habe. Und sie fragen auch "Welches Schicksal hatte die Bevölkerung des Sahara, die ebenfalls den Strahlungen ausgesetzt waren und die Frankreich komplett vergessen hat? Herr Präsident, am Ende unseres Lebens möchten wir betonen, dass unser Land sich nicht mehr der Pflicht zur Erinnerung und Entschädigung angesichts der Konsequenzen der Atomtest verschließen kann. Die Geschichte, davon sind wir überzeugt, wird Frankreich für diese Verweigerung der Gerechtigkeit bestrafen".
Der atomare Klüngel in Frankreich hat höchstes Interesse am Vertuschen solcher Ereignisse, sonst würde sich die Frage nach den Kosten solcher Desaster stellen. Kürzlich hat eine italienische Studie festgestellt, dass im Gefolge der Katastrophe von Tschernobyl in Korsika eine erhebliche Steigerung der Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere des Schilddrüsenkrebses festzustellen war. Die französische Regierung hatte 1986 steif und fest behauptet, dass Frankreich von der nuklearen Wolke aus Tschernobyl nicht betroffen. Demzufolge wurde auch keinerlei Vorsorge für die Bevölkerung getroffen. Auch hier Lügen und Vertuschen: Auch so kann man seine Glaubwürdigkeit ruinieren.
Informationsquelle:
Une catastrophe nucléaire nommée Béryl - Libération
Forte augmentation des maladies thyroïdiennes en Corse après l'accident de Tchernobyl - Le Monde
Vor 51 Jahren, genau genommen am 1. Mai 1962, hat Frankreich mit General de Gaulle als Staatschef seinen zweiten unterirdischen Atombombentest im Bergmassiv von Hoggar in Algerien unternommen. Der Versuch hatte den Code-Namen Beryl. Die Paten des Unternehmens waren der damalige Verteidigungsminister Pierre Messmer und der Forschungsminister Gaston Paslewski. Der zweite Atombombentest Frankreichs hatte nicht die bejubelte Öffentlichkeitswirksamkeit wie der erste Versuch. Das nicht ohne Grund, denn "Beryl" artete zu einer Nuklearkatastrophe aus.
Die beiden Autoren beschreiben, was passierte: "Der Berg, unter dem die Bombe in den Tiefen gezündet wurde, öffnete sich in Folge der Explosion und eine sehr radioaktive Wolke bedeckte hunderte von Militärs und Zivilisten, die vor dem Berg anwesend waren. Alle wurden in verschiedenen Stärken vom radioaktiven Ausfall betroffen. Ein abrupter Wechsel der Windrichtung rund um das Massiv sorgte dafür, dass der radioaktive Ausfall in alle Windrichtungen erfolgte. Der gefährlichste Teil der Wolke bewegte sich in südlicher Richtung direkt auf die lebenswichtigen militärischen Anlagen und auf die umliegenden Dörfer bis zum Ort Tamanrasset und darüber hinaus zu. Auch Gruppen von Tourareg-Nomaden, die sich in diesen Gebieten aufhielten, waren ebenfalls von der radioaktiven Wolke betroffen."
Die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Folgen dieser Katastrophe sind von den französischen Regierungen bis 2010 ignoriert worden. Erst durch das 2010 erlassen Gesetz Morin wurde die Katastrophe anerkannt, aber ohne Antwort darauf, wie die Opfer für ihre Leiden entschädigt werden sollten. Sené und Boulidon verlangen, dass Frankreich sich an die Opfer dieser Katastrophe erinnern müsse. Die Dimension des Desasters könne man an dem Niemandsland rund um den Berg Tan-Affela ermessen, den Frankreich Algerien hinterlassen habe. Und sie fragen auch "Welches Schicksal hatte die Bevölkerung des Sahara, die ebenfalls den Strahlungen ausgesetzt waren und die Frankreich komplett vergessen hat? Herr Präsident, am Ende unseres Lebens möchten wir betonen, dass unser Land sich nicht mehr der Pflicht zur Erinnerung und Entschädigung angesichts der Konsequenzen der Atomtest verschließen kann. Die Geschichte, davon sind wir überzeugt, wird Frankreich für diese Verweigerung der Gerechtigkeit bestrafen".
Der atomare Klüngel in Frankreich hat höchstes Interesse am Vertuschen solcher Ereignisse, sonst würde sich die Frage nach den Kosten solcher Desaster stellen. Kürzlich hat eine italienische Studie festgestellt, dass im Gefolge der Katastrophe von Tschernobyl in Korsika eine erhebliche Steigerung der Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere des Schilddrüsenkrebses festzustellen war. Die französische Regierung hatte 1986 steif und fest behauptet, dass Frankreich von der nuklearen Wolke aus Tschernobyl nicht betroffen. Demzufolge wurde auch keinerlei Vorsorge für die Bevölkerung getroffen. Auch hier Lügen und Vertuschen: Auch so kann man seine Glaubwürdigkeit ruinieren.
Informationsquelle:
Une catastrophe nucléaire nommée Béryl - Libération
Forte augmentation des maladies thyroïdiennes en Corse après l'accident de Tchernobyl - Le Monde
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