Ich schäme mich für Spanien…..España da vergüenza

Derjenige, der sich für sein Land schämt ist Juan Torres López in seinem Blog “La tramoya”. Torres López ist Professor für Wirtschaft an der Universität Sevilla und Autor von 15 Büchern. Über die Wirtschaftskrise hat er mehrere viel gelesene Bücher geschrieben. Er hat gute Gründe für seine “Schäm-Aktion”, deshalb lohnt es sich, sie hier einmal vorzustellen.:

“Ich schäme mich für ein Land, dessen Regierung gerade dabei ist, dasselbe als “Marke Spanien” (Marca España) wie ein Handelsartikel zu verkaufen, während die Medien beginnen ein riesiges, skandalöses Korruptionsnetz, in das die Mehrheit der herrschenden Klasse verwickelt ist, aufzudecken. Korrupte Personen, die den öffentlichen Verdienst zu ihrer persönlichen Bereicherung benutzt haben, indem sie die Steuergelder aller Spanier zur Zahlung von Zusatzgehältern für die damals Herrschenden benutzt haben. Ich schäme mich für ein Land, in dem der langjährige Verantwortliche für die Finanzen der uns regierenden Partido Popular jetzt ins Gefängnis gehen musste, weil seine kriminellen Handlungen, mit denen er viele Jahre die Parteiführer großzügig finanziert hat, nicht mehr zu vertuschen sind und deren Führer jetzt nicht mehr wissen, was sie sagen sollen und am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehen.

Ich schäme mich für ein Land, in dem der oberste Repräsentant, König Juan Carlos de Borbón selbst einer derjenigen ist, der seinen Bürgern ein schlechtes Beispiel gibt. Ich schäme mich für ein Land, wo es kein Mittel gibt zu erfahren, von woher das Vermögen kommt, das der Monarch während seiner Regentschaft angesammelt hat. Es ist beschämend zu sehen, wie er Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um zu vermeiden, dass seine Tochter für Aktivitäten zur Rechenschaft gezogen wird, bei denen es nicht vorstellbar ist, dass sie nicht darin verwickelt war, ganz davon abgesehen, dass er davon nichts gewusst hat.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die Justiz und die Staatsanwälte tätig werden, nicht um das Recht anzuwenden, sondern um zu vermeiden, dass das Gewicht des Gesetzes die Übeltäter trifft, angefangen wie bereits gesagt bei den Angehörigen des königlichen Hausse und aufgehört bei den Bankern, den politischen Führern und anderen Würdenträgern, die sich gegenseitig schützen.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die Mehrheitsparteien ein Übereinkommen schließen, um zu vertuschen, wen sie ausgeraubt haben und dass sie das Vermögen von Millionen Spanier zerstört haben. Es ist beschämend, dass verhindert wird, das zu untersuchen, was passiert ist, dass es keine Banker vor Gericht und in Gefängnissen gibt für die Betrügereien, die sie in den letzten Jahren organisiert und mit denen sie Abermillionen von Euro gerafft haben, oder der Politiker, die Privatisierungen zu Gunsten ihrer Freund durchgeführt haben. Ich schäme mich für ein Land, dessen Mehrheitsparteien systematisch ihre Wähler betrügen, sobald sie an die Regierung kommen, indem sie Wahlprogramme vergessen wie wenn nichts passiert wäre.

Ich schäme mich für ein Land, in welchem die Regierenden und Politiker der Mehrheitsparteien das Volk und die Nationen verraten, indem sie es ausländischen Interessen oder kleinen Gruppen ausliefern, ohne ihre Entscheidungen dem Volk vorzulegen. Ich schäme mich für ein Land, das von Lügnern und Verrätern regiert wird, die die Verfassung ohne Befragung des Volkes, den sie als Souverän bezeichnen, ändern oder indem sie Wahlgesetze erlassen, die verhindern, dass alle sozialen Interessengruppen gerecht in den Institutionen vertreten sind.

Ich schäme mich für ein Land, in welchem es hunderte von Abgeordneten gibt, die alles akzeptieren und für alles stimmen, was ihnen ihre Chefs sagen, die das Maul halten und auf ihrem Sessel kleben egal welche Entscheidung sie gerade treffen mussten. Ich schäme mich für ein Land, in welchem die Parlamentarier die Bürger ausrauben, indem sie Diäten kassieren, um in Madrid zu leben oder hin und her zu reisen, obwohl sie ihre ständige Wohnung dort haben. Ich schäme mich für für ein Land, wo Parteiführer von den Banken Kredite verlangt haben, die sie nicht zurückzahlen, sondern die alle Spanier bezahlen müssen.

Ich schäme mich für ein Land, in dem so viele kommunale Würdenträger, die sich eigentlich für das öffentliche Interesse einsetzen müssten und saftige Gehälter beziehen, den Immobilienspekulanten die Millionen-Geschäfte auf dem Tablett serviert haben und sich bereichert haben, indem sie für sich und ihre Parteien Kommissionen haben bezahlen lassen.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die Politiker offen die Kommunikationsmedien manipulieren oder parteiisch Lizenzen verteilen, um damit ihre Ziele zu verfolgen. Ich schäme mich für ein Land, in dem die Mehrheit der Journalisten schweigt, um seinen Herren zu gehorchen, oder die sich darauf beschränken eine Litanei an Lügen zu fabrizieren, mit dem sie das was passiert zu rechtfertigen versuchen. Und es ist beschämend, dass die Leute nicht Tag für Tag protestieren, wenn sich herausstellt, dass abweichende Meinungen, die uns eine andere Sichtweise erklären, kaum Präsenz in den Medien haben.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die höchsten Institutionen und Gerichtshöfe des Staates, von denen man annimmt, dass sie neutral sind und die anderen Gewalten kontrollieren, sich wie Parteien benehmen, in der Weise in der sie nach Parteiquoten besetzt werden und fast mit militärischer Disziplin und nur im Interesse diejenigen, die sie ernannt haben, tätig werden. Ich schäme mich für ein Verfassungsgericht, dessen Entscheidungen bereits im voraus bekannt sind, denn sie sind Kumpane, die Entscheidungen auf Bestellung fällen. Es ist beschämend, dass die Regierung unter dem Vorwand der Krise, nach und nach die Organe zur Überwachung und Kontrolle des Verwaltungshandelns abbaut.

Ich schäme für ein Land, in dem man sich nur noch mit Lügen behilft, die dank der enormen Medienmacht der Finanzwirtschaft und der noch wenig entwickelten Demokratie bei uns verbreitet werden, um die Rentenkürzungen, die Kürzungen im Bildungswesen und im Gesundheitswesen zu rechtfertigen. Ich schäme mich für ein Land, in dem die Universität sich nicht bemüht das Geschehen zu erklären und die Lügen und Betrügereien aufzudecken. Die Mehrheit der Intellektuellen sind zu feige, passen sich an oder sind verschreckt.

Ich schäme mich für ein Land, in welchem die Regierung gegenüber allen religiösen Organisationen neutral sein müsste, aber sich stattdessen sich mit der extremen Rechte einer dieser Organisationen verbindet, um die Bürger zu indoktrinieren und ihnen selbst finanzielle Privilegien zukommen zu lassen. Es ist beschämend, dass nur wenige Gläubige diese Behandlung, die völlig im Gegensatz zu den Werten ihrer Kirche steht, so wie sie dies nach außen vermittelt, zurückweisen.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die Partei, die sich sozialistisch nennt, ein elementarer Teil der Herrschaft der großen Finanzgruppen ist, denen sie direkt dienstbar ist, wenn sie an der Regierung ist. Es ist beschämend, dass die ehrlichen Mitglieder dieser Partei schweigen und sich nicht gegen ihre Führer, die sich verkauft haben, erheben. Ich schäme mich für ein Land, indem die Gewerkschaftszugehörigkeit so niedrig ist, dass diese allein auf sich gestellt kämpfen müssen, aber es ist oft auch beschämend zu sehen, dass sie sich Berufsinteressen unterwerfen oder dass sie Sklaven ihrer Finanzierung sind oder unfähig ihre korrupten Führer zu bekämpfen. Beschämend sind auch die ideologisierten Arbeitngeber, bei denen sich echte Kriminelle einschleichen konnten und die eine Politik verfolgen, die Unternehmen und Beschäftigung zerstört.

Ich schäme mich für ein Land, in dem diejenigen, die gegen die politische Aggression und die derzeitigen Sozialkürzungen kämpfen, nicht in der Lage sind sich zu verständigen, weil sie gnadenlos untereinander zerstritten sind, unfähig sich gegenseitig zu verständigen und sich gegenseitig als zwar verschieden aber verbündet anzuerkennen. Es ist beschämend, dass die Führer der Vereinigten Linken, die die wichtigste Linkspartei neben der sozialistischen sind, bisher sich nicht mit Organisationen und Protestbewegungen zu Vereinbarung einer Zusammenarbeit zusammengesetzt haben, um einheitliche Kandidatenlisten zu erstellen und sich für alle sozial sensiblen Bewegungen zu öffnen und es beschämt, dass stattdessen die Mehrheit dieser Partei verlangt, dass man sich ihnen anschließt.

Ich schäme mich für ein Land, wo inmitten eines beeindruckenden Angriffs gegen die Bürgerrechte, die Linke, die sich für reformorientiert und solidarisch mit einigen Nationalitäten erklärt, sich für die Unabhängigkeitsbewegungen einsetzt und so sich von den Arbeitern und den Völkern des Restes Spaniens absetzt und es vorzieht sich mit den lokalen Oligarchen, die nur an ihrem eigenen Wohlergehen interessiert sind, zusammenzutun.

Ich schäme mich für ein Land, in dem die Mehrheit der Leute in seinem Vaterland nichts anderes sieht als das Trikot einer Fußballmannschaft und die sich nur in Gefahr sieht, wenn auf dem Fußballfeld verloren wird und nicht dann, wenn seine Demokratie und die sozialen Rechte der Bürger angegriffen werden. Sie schreien und regen sich nur bei Toren oder verschossenen Elfmetern auf, aber schweigen, wenn ihnen wesentliche öffentliche Dienstleistungen entzogen werden und sie gehen nicht auf die Straße, um die Diebe des öffentlichen Geldes in den Institutionen zu brandmarken und zu verlangen, dass ihnen der Prozess gemacht wird. Ich schäme mich für ein korruptes und kaputtes Spanien, für die Oligarchen und Söldner, die heute noch zu sehr nach Diktatur riechen, und es beschämt mich, dass die Mehrheit der ehrlichen Menschen noch nicht fähig sich zu erheben und gemeinsam zu kämpfen, mit Intelligenz zu reagieren und mutig zu sein vor dem was passiert, um die Richtung umzudrehen und für saubere Verhältnisse zu sorgen.”

Eine interessante Zustandsbeschreibung der spanischen Verhältnisse.

Informationsquelle
España da vergüenza - La tramoya Blog de Juan Torres López

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze