Warum die Monarchie in Spanien keine Zukunft hat

Der Journalist und Schriftsteller Carlos Hernández hat in einem Artikel auf der Internetseite "Eldiario.es" versucht zu erklären, warum die Monarchie in Spanien keinerlei Prestige und damit auch keine Zukunft hat. Hier seine Ausführungen:

Ich gestehe: Obwohl nur vage, hatte ich doch die kitzekleine Hoffnung, dass Felipe VI davon absieht, den Titel "Ducado de Franco" (Herzogtum von Franco) erneut zu vergeben. Ich bin nicht blauäugig und ahnte schon, dass er, falls er davon absehen würde, diese Entscheidung nicht auf Grund demokratischer Überzeugung tun würde. Es ist auch offensichtlich nicht Aufrichtigkeit, die ihn damals veranlasste, seiner Schwester und seinem Schwager den Titel eines Herzogs von Palma zu entziehen. Wenn er in jenem Moment von sich aus zu diesem noblen Entschluss gekommen wäre, dann hätte er nicht parallel und hinter den Kulissen die seltsamen Manöver gestartet, die den Richter im Fall Noos veranlasst haben zu erklären, dass es während des ganzen Strafprozesses eine Begünstigung "durch das System und andere Institutionen ... und nicht von Seiten der Gerichte" gegenüber Prinzessin Cristina gegeben habe.

Felipe VI handelte nicht aus ethischen, sondern aus ästhetischen Gründen. Es ist diese Ästhetik, die er so pflegt und die sein Königtum belastet, die mich dazu brachte, dass vielleicht, vielleicht, das dazu führen könnte, dass er der Enkelin des blutrünstigen Diktators den Titel einer Herzogin versagen könnte. Er hätte es sehr leicht gehabt. Hätte er das "Ducado" annulliert, wäre ihm der enthusiastische Beifall von mehr als der Hälfte aller Spanier sicher gewesen, das Verständnis oder wenigstens Gleichgültigkeit des Restes und die Ablehnung einer sehr kleinen Minderheit von Ultrarechten. Vernachlässigbare Nachteile für einen logischen und gerechten Akt, der ihm einen erheblich Kredit bezüglich seines demokratischen Prestiges national und international gebracht hätte.

Aber nichts davon war von Gewicht bei der königlichen Entscheidung und meine freudige Hoffnung wurde damit endgültig versenkt. Es gab zwei Gründe, die mich zu diesem Irrtum geführt hatten. Der erste war, dass ich nicht in Betracht gezogen hatte, dass unsere Monarchen ihr Image immer noch von denselben Vorbildern herleiten wie es ihre Vorfahren in den vergangenen Jahrhunderten getan haben. Was Felipe und Letizia am meisten beschäftigt, ist in den Klatschblättern gut anzukommen und ihre Töchter in den Kitschsendungen des Fernsehens gut aussehen zu lassen. Ihr Spanien ist immer noch das jenes eines dummen Volkes, das sich stolz fühlte, wenn sich die Herrschaften  bequemten, von ihrer Kutsche aus zu grüßen; jenes Land, in dem der Pöbel es nicht verstanden hatte auch noch dankbar über elende Almosen zu sein, die sie von diesen erhielten, von denselben, die sie mit Steuern grillten, damit sie wie Könige leben können ... deutlicher kann man es nicht sagen.

Der zweite Grund, warum ich mich bei meiner nie überzeugenden Prognose irrte, ist wesentlich besorgniserregender als die Vergangenheitsmentalität, die die Mieter der Zarzuela an den Tag legen. Das hauptsächliche Problem ist, dass unser Monarch endgültig die strategische Entscheidung getroffen hat, auf die Unterstützung einer Hälfte Spaniens zu setzen, indem man die andere Hälfte verachtet. Felipe VI zeigte wessen Geistes er ist, als er sich an die Nation nach dem katalanischen Referendum vom 1. Oktober wandte. Gerade hier entschied der König leichthändig nicht in der Logik der Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung und seine Rückweisung derjenigen, die das Gesetz verletzen, nein einzig allein um das Wort Dialog absichtlich in sein Gegenteil zu verkehren. Felipe VI missachtete ohne Zögern eine Mehrheit der Spanier, die ängstlich darum baten, dass mit Worten und nicht mit Gewalt versucht werden sollte, diesen offenen Konflikt in Katalonien zu lösen. Der König sprach vorsätzlich nur für diejenigen, die in den Versammlungen der Extremisten und in einigen Einsatzfahrzeugen der Polizei brüllten "haut auf sie drauf".


Nur auf dieser Linie, nämlich die Unterstützung der Rechten und der Rechtsextremen zu bekommen, kann man seine Entscheidung zur Erneuerung des "Ducado de Franco" verstehen. Ich sage ausdrücklich "seine Entscheidung", weil er mit einem Federstrich, ohne dass ein Gesetz hätte geändert werden müsste, entscheiden konnte, so wie er es auch beim Entzug des Titel der "Herzöge von Palma" getan hatte. Er hätte diesen schändlichen Adelstitel, der geschaffen wurde um die Familie eines Menschen zu ehren, der Spanien während 40 Jahren tyrannisiert und ausgeplündert hatte, abschaffen können. Felipe VI hat wieder die Seite gewählt wie es auch sein Urgroßvater Alfonso XIII getan hat, als er den Staatsstreich durch den General Primo de Rivera, der die Demokratie beendete, duldete; wie auch derselbe Urgroßvater sich nicht zu schade war einige Jahre später die militärische Erhebung zu finanzieren und zu fördern gegen die Republik; ebenso auch sein Großvater, Juan, der sich bereit erklärte Seite an Seite mit Falangisten, deutschen Nazis und faschistischen Italienern zu kämpfen, um die verfassungsmäßig gewählte Regierung zu stürzen; wie es auch sein Vater, Juan Carlos tat als er seine Ernennung per Fingerzeig durch den Diktator akzeptierte und zum Dank dieses "Ducado" schuf, um sein Andenken und seine Nachkommen zu ehren.

Felipe VI hat sich entschieden nur für einen Teil Spaniens zu regieren und nach meiner bescheidenen Meinung hat er die falsche Option gewählt sowohl für ihn als auch die Institution, die er repräsentiert. Das andere Spanien oder wenigstens ein guter Teil von ihm, hat die letzten 40 Jahre schwer zu tragen mit den absurden Kosten, die die teuren Sonderwünsche einer königlichen Familie mit sich brachte, schaute zur Seite angesichts der Vernachlässigung seiner Aufgaben und den Weibergeschichten, die vom zurückgetretenen König ausgingen und sie hatte nicht den Wunsch diese bruchstückhaften Informationen über gezahlte Kommissionen und wenig aufbauende Freundschaften zu erfahren..... Aber noch mehr, es hat etwas so anachronistisches und irrationales wie es die Monarchie selbst ist akzeptiert.

Vereinfachen wir bis zum Äußersten die gegenwärtige Situation: In der demokratischen Ära haben unseren Staatschef nicht die Bürger gewählt, sondern ein Ei, das zu rechten Zeit befruchtet wurde und durch ein mikroskopisches Sperma gebildet wurde. Sie können uns mit allen königlichen Bändern einwickeln, aber die Wirklichkeit ist derart banal und führt uns dazu die Fragen zu stellen, die uns sehr offensichtliche Antworten geben. Ist es verständlich, dass im vollen 21. Jahrhundert das wichtigste Amt in unserer Demokratie nicht demokratisch gewählt wird? Ist es möglich, dass das Staatsoberhaupt vererbt wird wie eine Wohnung, ein Haus oder Bauernhof?

Wir sind nicht die einzige Monarchie in der zivilisierten Welt, das stimmt. Aber trotzdem sind wir ein Land, das eine königliche Dynastie hat mit einer so dunklen und antidemokratischen Vergangenheit wie es die der Bourbonen ist. Die Briten erinnern sich, dass der Vater der gegenwärtigen Königin, George VI,  seine Probleme mit dem Stottern gelöst hat, um immer wieder zum heroischen Widerstand gegen den Nazismus aufzurufen. Die Holländer vergessen auch nicht die antifaschistischen Aussagen aus dem Exil durch ihre Königin Wilhelmine und ihre Weigerung ein Friedensabkommen mit Hitler zu schließen. Diese Vorgeschichte tragen zweifellos dazu bei, dass für die britischen und holländischen Untertanen die inhärente Irrationalität ihrer Monarchien abgemildert werden.

Im Gegensatz dazu können wir Spanier uns an unsere Souveräne nur dahingehend erinnern, dass sie überwiegend mit Militärs und Faschisten verbandelt waren, um ihren Thron wieder zu bekommen. Dieses Land braucht in der Tat eine historische Überprüfung dessen was vor und nach dem Putschversuch am 23. Februar passierte. Vielleicht erfahren wir unter anderem, warum der damalige König Juan Carlos nach seinem Erscheinen im Fernsehen, um den Putsch zu deaktivieren ein überraschendes Bekenntnis gegenüber dem Putschisten Milans del Bosch abgab: "Nach dieser Botschaft kann ich nicht mehr zurück".

In diesem Zusammenhang, mit dieser Vorgeschichte und vielleicht gerade wegen ihr hat Felipe VI seine Entscheidung getroffen. Statt für alle Spanier zu regieren, hat er die eine Seite gewählt. Ohne Zweifel ist er zum Entschluss gekommen, dass er seinen Thron nur erhalten kann, wenn er sich mit seinem ganzen Gewicht auf die beiden rechten Füße stellt. Die Schwerkraft der Zeiten werden ihm noch zeigen, welchen Irrtum er da begangen hat.

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