Pulverfass Brasilien
Im Juni 2013 wurde Brasilien von heftigen und gewalttätigen Demonstrationen
erschüttert. Ausgangspunkt waren Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen
Nahverkehr. Die Situation verschärfte sich derart, dass die damalige
Präsidentin Dilma Rousseff
ihr Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung einberufen musste. Der
Gewaltausbruch war unerwartet und verbreitete sich in ganz Brasilien in
kürzester Zeit. Es wurde versuch,t Amtsgebäude zu stürmen und es gab
viele Akte des Vandalismus. Die Polizei wurde nur mühsam Herr der Lage.
Der Philosoph Vladimir Safatle von der Universität hat jetzt in einem Beitrag zur Zeitung "Folha", dere auch im Blog "Combate Racismo Ambiental" veröffentlicht wurde, seine Befürchtung geäußert, dass diese Ereignisse sich bald in verstärkter Form wiederholen werden und hat die Gründe dafür benannt. Seine Ausführungen gebe ich nachstehend wieder:
Eine der offensichtlichen Züge des oligarchischen Gedankens ist die Form wie das Volk und die Massen beschrieben werden. Es sind normalerweise Vorstellungen von einer Spezies von Schlafwandlern, die handeln, ohne darüber nachzudenken und nie komplett aus ihrer Verschlafenheit aufwachen. Von daher kommen die Ansichten über den Zustand eines Volks in Betäubung, seiner Apathie und Interesselosigkeit. In Brasilien ist ein solches Denken so stark verwurzelt, dass das Land gewöhnt ist sich selbst als schlafenden Riesen zu sehen.
Allerdings muss man sich fragen, ob nicht viele absichtlich das Volk mit seinen Repräsentanten in Regierung und Behörden verwechseln, die versuchen ein soziales Utopia zu konstruieren. So zum Beispiel wird die brasilianische Geschichte, die eigentlich gekennzeichnet ist durch eine Abfolge von Volksaufständen, dargestellt als die gefällige Erzählung eines servilen und herzlichen Volkes.
So kann es nicht überraschen, dass die Proteste vom Juni 2013 alle überrumpelt haben. Trotzdem das Jahr mit einer imponierenden Abfolge von Streiks begonnen hatte, die aus einer Frustration über das greifbaren Ende des sozialen Aufstiegsprozesses resultierte, von einer Revolte von nicht eingehaltenen Versprechungen (wir seien die 5.-stärkste Wirtschaft der Welt, unsere Städte würden von Investoren im Gefolge der Fußballweltmeisterschaft und Olympiade überrannt usw.), keiner schien eine Verschiebung der Tektonik im brasilianischen Boden zu spüren. Bis die Revolte explodierte.
Zeitlich beschränkte Projektionen haben keine objektive Qualität, das ist wahr. Aber sie können auf die angespannte Atmosphäre der aktuellen Situation hinweisen, vor der viele versuchen die Augen zu verschließen.
Tatsache ist, dass so etwas wie im Juni 2013 sich vielleicht wiederholen wird. Die eigentliche Frage wird sein, ob wir darauf vorbereitet sind oder eine weitere Gelegenheit verpassen werden, unsere institutionelle Struktur, die von der politischen Klasse derart heruntergewirtschaftet wurde, komplett zu erneuern.
Das Niveau der Ernüchterung und Unzufriedenheit des Volkes hat nur noch ein schlecht beschreibbares Stadium erreicht. Die Verärgerung über die massive Propaganda für das, was sich "Wirtschaftspolitik" nennt und deren Missbilligung durch die Bevölkerung ist zäh und wird von einer großen Mehrheit geteilt. Von Seiten der Wirtschaftsfachleute der Itaú und Bradesco unterstützt niemand eine solche Politik. Das allgemeine Gefühl des Ausgeraubt-Werdens und Respektlosigkeit ist greifbar, für die die es fühlen wollen.
Auf der anderen Seite ist der Grad Rückweisung gegenüber der politischen Klasse überwältigend. Vor einigen Tagen veröffentlichte der Ipsos-Institut eine Forschungsarbeit über die Wahrnehmung der Brasilianerinnen und Brasilianer ihr politischen Repräsentanten. Wenn man jene, die deren Handeln völlig oder ein wenig missbilligten zusammenfasst, dann waren die Zahlen von einer ausserordentlichen Tragweite.
Michel Temer hat ein Ablehnungsquote von 93%. gefolgt von Aécio Neves mit 91%, Eduardo Cunha (91%), Renan Calheiros (84%), José Serra (82%), der von den Medien so vergöttlichte FHC (79%), Dilma (dieselben 79%, aber mit einer höheren Zustimmungsrate als FHC), Alckmin (73%) und Lula (66%). Zuerst einmal muss man das Gefälle zwischen dem, wie die Bevölkerung das beurteilt und dem, wie die Mehrheitspresse über die Empfindung des Volkes spricht, herausarbeiten. Dass alle Führer der PSDB mehr Zustimmung haben als Lula, das verdient einer ehrlichen Überprüfung. Das der Inhaber der Präsidentschaft 93% Ablehnung erfährt und trotzdem mit seiner Politik so wie bisher fortfährt, das ist ein Fall von forcierter Zwangseinigelung.
Zum Schluss zeigt die Studie, dass jene, die am wenigsten abgelehnt werden (Dória, mit 52% und kaum 19% Zustimmung) hat auch eine monströse Ablehnungsquote haben. Oder anders, alle ohne Ausnahme haben eine Ablehnungsrate, die über 50% liegt. Das zeigt den Graben, der zwischen der politischen Kaste und dem Volk, das diese zu repräsentieren behauptet, besteht.
Signale dieser Natur zeigen, dass es eine latente Situation einer Explosion in Brasilien gibt. So wie die Geschichte nicht durch das was notwendig ist entsteht, sind die sie bedingenden Umstände diejenigen, die bestimmen, ob diese unterirdische Brodeln zu einem Ereignis führt oder nicht. Aber es scheint sicher, dass ein anderes 2013 möglich ist.
Der Philosoph Vladimir Safatle von der Universität hat jetzt in einem Beitrag zur Zeitung "Folha", dere auch im Blog "Combate Racismo Ambiental" veröffentlicht wurde, seine Befürchtung geäußert, dass diese Ereignisse sich bald in verstärkter Form wiederholen werden und hat die Gründe dafür benannt. Seine Ausführungen gebe ich nachstehend wieder:
Eine der offensichtlichen Züge des oligarchischen Gedankens ist die Form wie das Volk und die Massen beschrieben werden. Es sind normalerweise Vorstellungen von einer Spezies von Schlafwandlern, die handeln, ohne darüber nachzudenken und nie komplett aus ihrer Verschlafenheit aufwachen. Von daher kommen die Ansichten über den Zustand eines Volks in Betäubung, seiner Apathie und Interesselosigkeit. In Brasilien ist ein solches Denken so stark verwurzelt, dass das Land gewöhnt ist sich selbst als schlafenden Riesen zu sehen.
Allerdings muss man sich fragen, ob nicht viele absichtlich das Volk mit seinen Repräsentanten in Regierung und Behörden verwechseln, die versuchen ein soziales Utopia zu konstruieren. So zum Beispiel wird die brasilianische Geschichte, die eigentlich gekennzeichnet ist durch eine Abfolge von Volksaufständen, dargestellt als die gefällige Erzählung eines servilen und herzlichen Volkes.
So kann es nicht überraschen, dass die Proteste vom Juni 2013 alle überrumpelt haben. Trotzdem das Jahr mit einer imponierenden Abfolge von Streiks begonnen hatte, die aus einer Frustration über das greifbaren Ende des sozialen Aufstiegsprozesses resultierte, von einer Revolte von nicht eingehaltenen Versprechungen (wir seien die 5.-stärkste Wirtschaft der Welt, unsere Städte würden von Investoren im Gefolge der Fußballweltmeisterschaft und Olympiade überrannt usw.), keiner schien eine Verschiebung der Tektonik im brasilianischen Boden zu spüren. Bis die Revolte explodierte.
Zeitlich beschränkte Projektionen haben keine objektive Qualität, das ist wahr. Aber sie können auf die angespannte Atmosphäre der aktuellen Situation hinweisen, vor der viele versuchen die Augen zu verschließen.
Tatsache ist, dass so etwas wie im Juni 2013 sich vielleicht wiederholen wird. Die eigentliche Frage wird sein, ob wir darauf vorbereitet sind oder eine weitere Gelegenheit verpassen werden, unsere institutionelle Struktur, die von der politischen Klasse derart heruntergewirtschaftet wurde, komplett zu erneuern.
Das Niveau der Ernüchterung und Unzufriedenheit des Volkes hat nur noch ein schlecht beschreibbares Stadium erreicht. Die Verärgerung über die massive Propaganda für das, was sich "Wirtschaftspolitik" nennt und deren Missbilligung durch die Bevölkerung ist zäh und wird von einer großen Mehrheit geteilt. Von Seiten der Wirtschaftsfachleute der Itaú und Bradesco unterstützt niemand eine solche Politik. Das allgemeine Gefühl des Ausgeraubt-Werdens und Respektlosigkeit ist greifbar, für die die es fühlen wollen.
Auf der anderen Seite ist der Grad Rückweisung gegenüber der politischen Klasse überwältigend. Vor einigen Tagen veröffentlichte der Ipsos-Institut eine Forschungsarbeit über die Wahrnehmung der Brasilianerinnen und Brasilianer ihr politischen Repräsentanten. Wenn man jene, die deren Handeln völlig oder ein wenig missbilligten zusammenfasst, dann waren die Zahlen von einer ausserordentlichen Tragweite.
Michel Temer hat ein Ablehnungsquote von 93%. gefolgt von Aécio Neves mit 91%, Eduardo Cunha (91%), Renan Calheiros (84%), José Serra (82%), der von den Medien so vergöttlichte FHC (79%), Dilma (dieselben 79%, aber mit einer höheren Zustimmungsrate als FHC), Alckmin (73%) und Lula (66%). Zuerst einmal muss man das Gefälle zwischen dem, wie die Bevölkerung das beurteilt und dem, wie die Mehrheitspresse über die Empfindung des Volkes spricht, herausarbeiten. Dass alle Führer der PSDB mehr Zustimmung haben als Lula, das verdient einer ehrlichen Überprüfung. Das der Inhaber der Präsidentschaft 93% Ablehnung erfährt und trotzdem mit seiner Politik so wie bisher fortfährt, das ist ein Fall von forcierter Zwangseinigelung.
Zum Schluss zeigt die Studie, dass jene, die am wenigsten abgelehnt werden (Dória, mit 52% und kaum 19% Zustimmung) hat auch eine monströse Ablehnungsquote haben. Oder anders, alle ohne Ausnahme haben eine Ablehnungsrate, die über 50% liegt. Das zeigt den Graben, der zwischen der politischen Kaste und dem Volk, das diese zu repräsentieren behauptet, besteht.
Signale dieser Natur zeigen, dass es eine latente Situation einer Explosion in Brasilien gibt. So wie die Geschichte nicht durch das was notwendig ist entsteht, sind die sie bedingenden Umstände diejenigen, die bestimmen, ob diese unterirdische Brodeln zu einem Ereignis führt oder nicht. Aber es scheint sicher, dass ein anderes 2013 möglich ist.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen