Großbritanniens wildgewordene Kinder
Eine erstaunte Welt schaute in den vergangenen Tagen auf Großbritannien, wo Minderjährige ganze Stadtteile in Angst und Entsetzen versetzten. Man war es nicht gewöhnt, aus dem Land des von Margret Thatcher auf Kapitalismus getrimmten Volkes schlechtes zu hören. Dass die Finanzkrise Großbritannien besonders hart traf, war schon ein Zeichen, dass man dort die Falschen hochgepäppelt hatte. Die Absahner, Abzocker und die schon immer Reichen machten ihren Reibach und das hielt so lange an, wie die breiter wertende Mittelklasse auch noch ihre Almosen abbekam. Nachdem das ganze Gebäude der hochgelobten neuen Dienstleistungsgesellschaft ins Wanken geriet, kamen auch sofort die alten Risse der Insel-Gesellschaft wieder zu Tage.
Die Unruhen, die letzte Woche von Tottenham ausgingen, einem Stadtteil mit der höchsten Arbeitslosen-Rate Londons, waren auf die Erschießung eines 26 jährigen Schwarzen durch die Polizei zurückzuführen. Der Anlass wirft einen bezeichnendes Licht auf den Stand der zwischenrassigen Beziehungen in dem Land. Schwarze haben dort die Chance 26 mal öfter festgehalten und untersucht zu werden als Weiße. Das “Anhalten und Untersuchen” (stop-and-search) ist auf Grund eines Gesetzes aus dem Jahre 1994 jederzeit möglich. Es war damals zu Bekämpfung von Fußball-Hooligans erlassen worden. Auf Grund dieses Gesetzes kann die Polizei jederzeit ohne konkreten Verdacht Personen festhalten und untersuchen. Wurden 1997/98 noch 7.970 Stop and Search-Aktionen verzeichnet, stieg die Zahl 2007/08 steil auf 53.250 und auf 149.955 im Jahr 2008/09 an. Die Zahl der dabei festgehaltenen Schwarzen erhöhte sich in diesem Zeitraum um mehr als 650%.
Schon diese Entwicklung zeigt, dass etwas “faul” ist im Königreich. Umso spektakulärer, dass die verantwortlichen Politiker die Geschehnisse nur auf ein paar wildgewordene Teenager, die man mit aller Härte bestrafen will, zurückführen. Andere sind der Ansicht, dass sich nicht viel in Großbritannien geändert hat. Die Polizei ist rassistisch und gewalttätig und wie die neuesten Enthüllungen im “News of the World”- Skandal zeigen, nicht abgeneigt, sich von gesellschaftlich mächtigen Gruppen korrumpieren zu lassen. Die Mär vom freundlichen “Bobby” stammt ohnehin aus beschönigenden Englisch-Lehrbüchern. Wer in den letzten Jahrzehnten einmal ein englisches Fußballspiel besuchte, könnte die erschreckende Erfahrung gemacht haben, dass die berittene Polizei ohne erkennbaren Grund auf eine in Schlange zur U-Bahn aufgestellte Menge einprügelte. Egal, ob man nun nur ein friedlicher Mensch waren, der zur U-Bahn-Station wollte oder ein randalierender Fußballanhänger, der Knüppel traf alle.
Am Tag nach der schlimmsten Nacht der Zusammenrottungen wurde Darcus Howe, ein aus Trinidad stammender 67 Jahre alter Journalist und Zeitungsherausgeber von einer schnöseligen Reporterin in den BBC-Nachrichten interviewt. Howe hatte die Frechheit nicht die von der BBC-Journalistin erwartete Verdammung der Unruhen herunterzuleiern. Er zog eine Verbindung von den Aufständen im mittleren Osten und fügte hinzu, dass er vor kurzem seinen Sohn fragte, wie oft er von der Polizei angehalten und durchsucht wurde. Worauf ihm dieser antwortete, dass dies so oft passiert sei, dass es sich gar nicht lohne, sie zu zählen. Nachdem die Journalistin nicht bekam, was sie wollte wurde sie pampig und sagte ihm: “Sie haben wohl selbst schon an Zusammenrottungen teilgenommen, wenn ich sie richtig verstanden habe. Haben sie selbst schon teilgenommen?” Worauf Howe empört antwortete: “Ich habe nie an einer einzigen Zusammenrottung teilgenommen. Ich war bei einer Demonstration dabei, die in einem Konflikt endete. Bitte haben sie etwas Respekt für einen alten westindischen Neger und hören sie auf damit, mich als Plünderer und Gewalttäter hinzustellen. Sie hören sich richtig idiotisch an – haben sie bitte Respekt.” Die BBC entschuldigte sich später für den Ausrutscher ihrer Moderatorin.
Aber das Verhalten von Medien und Politikern zeigt doch, wohin der Hase laufen soll. Alles war eine einmaliger Vorfall und die Täter müssen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Dann Deckel drauf und hoffen, dass es nicht so schnell wieder kracht. Ursachenforschung? Das ist nicht so beliebt, denn man würde dann erkennen, dass die soziale und wirtschaftliche Struktur des Landes auf wackligem Fundament steht. Ein neues Fundament würde harte Einschnitte nicht nur bei den ohnehin Perspektivlosen erfordern.
Informationsquelle:
We all own the violence – NewStatesman
Die Unruhen, die letzte Woche von Tottenham ausgingen, einem Stadtteil mit der höchsten Arbeitslosen-Rate Londons, waren auf die Erschießung eines 26 jährigen Schwarzen durch die Polizei zurückzuführen. Der Anlass wirft einen bezeichnendes Licht auf den Stand der zwischenrassigen Beziehungen in dem Land. Schwarze haben dort die Chance 26 mal öfter festgehalten und untersucht zu werden als Weiße. Das “Anhalten und Untersuchen” (stop-and-search) ist auf Grund eines Gesetzes aus dem Jahre 1994 jederzeit möglich. Es war damals zu Bekämpfung von Fußball-Hooligans erlassen worden. Auf Grund dieses Gesetzes kann die Polizei jederzeit ohne konkreten Verdacht Personen festhalten und untersuchen. Wurden 1997/98 noch 7.970 Stop and Search-Aktionen verzeichnet, stieg die Zahl 2007/08 steil auf 53.250 und auf 149.955 im Jahr 2008/09 an. Die Zahl der dabei festgehaltenen Schwarzen erhöhte sich in diesem Zeitraum um mehr als 650%.
Schon diese Entwicklung zeigt, dass etwas “faul” ist im Königreich. Umso spektakulärer, dass die verantwortlichen Politiker die Geschehnisse nur auf ein paar wildgewordene Teenager, die man mit aller Härte bestrafen will, zurückführen. Andere sind der Ansicht, dass sich nicht viel in Großbritannien geändert hat. Die Polizei ist rassistisch und gewalttätig und wie die neuesten Enthüllungen im “News of the World”- Skandal zeigen, nicht abgeneigt, sich von gesellschaftlich mächtigen Gruppen korrumpieren zu lassen. Die Mär vom freundlichen “Bobby” stammt ohnehin aus beschönigenden Englisch-Lehrbüchern. Wer in den letzten Jahrzehnten einmal ein englisches Fußballspiel besuchte, könnte die erschreckende Erfahrung gemacht haben, dass die berittene Polizei ohne erkennbaren Grund auf eine in Schlange zur U-Bahn aufgestellte Menge einprügelte. Egal, ob man nun nur ein friedlicher Mensch waren, der zur U-Bahn-Station wollte oder ein randalierender Fußballanhänger, der Knüppel traf alle.
Am Tag nach der schlimmsten Nacht der Zusammenrottungen wurde Darcus Howe, ein aus Trinidad stammender 67 Jahre alter Journalist und Zeitungsherausgeber von einer schnöseligen Reporterin in den BBC-Nachrichten interviewt. Howe hatte die Frechheit nicht die von der BBC-Journalistin erwartete Verdammung der Unruhen herunterzuleiern. Er zog eine Verbindung von den Aufständen im mittleren Osten und fügte hinzu, dass er vor kurzem seinen Sohn fragte, wie oft er von der Polizei angehalten und durchsucht wurde. Worauf ihm dieser antwortete, dass dies so oft passiert sei, dass es sich gar nicht lohne, sie zu zählen. Nachdem die Journalistin nicht bekam, was sie wollte wurde sie pampig und sagte ihm: “Sie haben wohl selbst schon an Zusammenrottungen teilgenommen, wenn ich sie richtig verstanden habe. Haben sie selbst schon teilgenommen?” Worauf Howe empört antwortete: “Ich habe nie an einer einzigen Zusammenrottung teilgenommen. Ich war bei einer Demonstration dabei, die in einem Konflikt endete. Bitte haben sie etwas Respekt für einen alten westindischen Neger und hören sie auf damit, mich als Plünderer und Gewalttäter hinzustellen. Sie hören sich richtig idiotisch an – haben sie bitte Respekt.” Die BBC entschuldigte sich später für den Ausrutscher ihrer Moderatorin.
Aber das Verhalten von Medien und Politikern zeigt doch, wohin der Hase laufen soll. Alles war eine einmaliger Vorfall und die Täter müssen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Dann Deckel drauf und hoffen, dass es nicht so schnell wieder kracht. Ursachenforschung? Das ist nicht so beliebt, denn man würde dann erkennen, dass die soziale und wirtschaftliche Struktur des Landes auf wackligem Fundament steht. Ein neues Fundament würde harte Einschnitte nicht nur bei den ohnehin Perspektivlosen erfordern.
Informationsquelle:
We all own the violence – NewStatesman
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