Großbritannien braucht keine Monarchie, sondern eine moderne Demokratie
Großbritannien ist eine Monarchie, bei der man eigentlich gar
nicht weiß, wofür sie gut ist. Gut die "Queen" ist halt so ein Symbol
für den Stillstand der Zeit und die "Royal Family" ist eine Schatztruhe
für die Klatschpresse. Da die Briten den Wert menschlicher Tätigkeiten
gerne unter dem merkantilistischen Nützlichkeitsgesichtspunkt sehen,
taucht - wen wunderts - immer wieder bei der Verteidigung der Monarchie
die Argumentation auf, dass ihr ganzer Mummenschanz den Tourismus
fördert und zu erheblichen Profiten für die Wirtschaft beiträgt.
Nun,
inzwischen ist die Queen uralt, ihre Familie heillos zerrüttet und
immer mehr Briten fragen sich, wofür man eigentlich so eine Monarchie
hat. Die Journalistin Polly Toynbee vom "Guardian" fordert zum
Beispiel unter Berufung auch auf ihren Kollegen Simon Jenkins, dass die
Queen jetzt abdanken solle. Nicht wegen der Skandale ihrer Kinder und
Enkelkinder, sondern ganz einfach um einen würdigen Übergang der Macht
an ihren Sohn Charles zu garantieren.
Aber
sie geht noch weiter und fordert: "Die Krone und die Verfassung sind
nicht länger eine rein abstrakte Debatte. Die Notwendigkeit für einen
gewählten Präsidenten ist ein dringendes Erfordernis, seit Boris Johnson
Premierminister geworden ist, durch den Vereinbarungen, Gesetze und
bürgerliche Rechte einem erheblichen Stresstest ausgesetzt werden. Wie John Major
in diesem Blatt den verfassungsrechtlichen Skandal beschrieben hat,
indem er den Missbrauch durch Johnson schildert: Vorsätzlicher Bruch
internationalen Rechts, Missbrauch des ministerialen Verhaltenskodex,
Anweisung an die Polizei Fahndungsmaßnahmen "ohne einen Verdachtsgrund"
zu stoppen, Entzug der britischen Staatsangehörigkeit je nach Laune,
während er es wagte einen Krieg gegen den öffentlichen Dienst und die
BBC, diese nationalen Wächterinstitutionen, loszutreten."
Sie
fährt fort: "Bisher wurde die Monarchie als würdig aber machtlos
beschrieben, eine harmlose Dekoration, die nie in die Tätigkeit des
Parlaments eingreift. Das verfassungsrechtliche Problem ist, dass die
Monarchie machtlos ist. Präsidenten überall in Europa sind Wächter der
Verfassung und ein Machtausgleich zur Regierung. Unsere Monarchie hat
alle königlichen Rechte auf den Premierminister übertragen ohne auf
darauf zu achten, dass sie ein Kontroll- und Widerspruchsrecht behält.
Das Oberhaus ist aus demselben schlechten Grund genauso machtlos, es
fehlt ihm die Legitimation durch Wahlen. Es gibt keine Bremse, die einen
über die Stränge schlagenden Premierminister einfangen könnte.
Die
Unterstützung für diese antike Fehlkonstruktion schwächt sich von
Generation zu Generation ab und ist fragiler geworden. Einer Mehrheit
der unter 25-Jährigen glaubt, dass die Monarchie in 25 Jahren
verschwunden ist. Monarchie ist eine Blockade des Nachdenkens über eine
Reform. Monarchie ist ein Feudalismus, der unterstellt, dass die
Erbfolge akzeptiert wird, ebenso die Ungleichheit und Privilegien, die
zur Zeit zügellos angewachsen sind."
Die britische Monarchin ist nicht nur im Vereinigten Königreich Staatsoberhaupt. Es gibt immer noch das Commonwealth ,
ein lockerer Staatenbund der ehemaligen britischen Kolonien. Der
kürzliche "Besuch" des Prinzen William und seiner Ehefrau Kate, Herzog
und Herzogin von Cambridge, in der Karibik hat gezeigt, dass in diesen
Ländern inzwischen eine große Skepsis gegenüber den königlichen Hoheiten
herrscht und sie früher oder später Republik werden wollen. Man wirft
den Royals inzwischen auch vor, dass sie die Repräsentanten eines Landes
sind, das ihre Kolonien versklavt und ausgebeutet hat und man fordert
Entschädigung statt sich vom Glanz von Prinzen und Prinzessinnen
einwickeln zu lassen. "Wenn der Herzog und die Herzogin von Cambridge
ihre einwöchige Reise in die Karibik am Samstag beendet haben werden,
werden sie berichten müssen, dass diese Reise vermutlich die Bewegung
zur Ablösung der Queen als Staatsoberhaupt beschleunigt haben wird", berichtet der "Guardian" .
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