Totengräber in São Paulo am Rande ihrer Leistungsfähigkeit

Die Webseite "Brasil de Fato" interviewte am 24. April den Bestatter und Repräsentanten der Gewerkschaft der Städtischen Bediensteten (Sindsep) João Batista Gomes über die Situation auf den Friedhöfen von São Paulo in den Zeiten der Covid-19-Pandemie. Anlass war, dass Staatspräsident Bolsonaro vor kurzem von einer Journalistin gefragt worden war, wieviele Tote es durch die Covid-19-Pandemie in Brasilien gebe, und darauf geantwortet hat: "Schätzchen, was soll diese Frage, ich bin doch kein Totengräber". Darauf hat João Batista Gomes diese Antwort: "Bolsonaro ist der Totengräber der Nation".

Im übrigen bemängelt João Batista mangelndes Schutzmaterial für die Beschäftigten auf den Friedhöfen, die Beschäftigung von zusätzlichen unausgebildeten prekär beschäftigten Leiharbeiten, von den 220 jetzt in São Paulo zusätzlich eingestellt wurden und ein mangelhafte Informationspolitik über die Entwicklung der Pandemie.

Gefragt wie er die Situation der Friedhöfe und der Beerdingungsdienste in Sao Paulo beurteile, antwortete er folgendes:

"Die Stadtverwaltung in São Paulo veröffentlicht keine Informationen zu den täglichen Beerdigungen und darüber wieviele dieser Beerdigungen auf Covid-19 zurückzuführen sind.
Die Leute erfahren nur gerüchteweise davon. Die meisten Vorfälle, von denen man erfährt, gibt es in Vila Formosa, dem größten Friedhof Lateinamerikas. Am letzten Samstag waren dort 13 Bagger für die Aushebung von Gräbern in Aktion. Normalerweise sind dort 4 Bestattungsunternehmen vor Ort, aber an einem einzigen Tag waren 13 damit beschäftigt Gräber auszuheben und das geht so bis heute weiter.

Das ist erschreckend. Wir sind am Rand eines Kollapses, wir kontaktieren die Behörden, um ihnen das zu schildern. Der Friedhof von Vila Formosa ist sehr groß und hat eine enorme Kapazität. Aber weil jetzt alle dahin gehen, kommen die Arbeiter an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Heute (Donnerstag) wurden 13 diensthabende Arbeiter abgestellt, damit den Leiharbeitern erklären sollen, wie sie zu verfahren haben, weil es schon Probleme gab, es gibt da bereits beerdigte Leichname und somit braucht man ein Minimum an Erfahrung, um neue Gräber auszuheben.



Es gibt da ein Gelände, das seit 1990 geschlossen ist, weil da bereits Leute begraben waren. Das haben sie jetzt freigegeben, um Gräber auszuheben. Nur, da liegen schon die Leichname. Dann kann man also nicht einfach mit der Maschine kommen und ausheben, wenn man die Leichname nicht zerfetzen will. Da haben wir also schon ein Problem.

Am Dienstag (21. April) gab es 72 Beerdigungen in Vila Formosa. Davon war 25 Todesfälle durch Covid-19. Aber weil es keine Tests gibt, wird das so als Tatsache verkauft. Es zeigt aber dass man etwas vertuschen will und jeden Moment ist zu erwarten, dass die Situation aus dem Ruder läuft."

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