Mit der “Molière-Klausel” gegen die Ausländer

In mehreren französischen Regionen sind Beschlüsse gefasst worden, dass nur noch solche Unternehmen öffentliche Aufträge bekommen sollen, auf deren Baustellen alle Arbeiter und Angestellten französisch sprechen. Man spricht von der sogenannten “Molière-Klausel” (Clause Molière). Inzwischen hat sich auch die Region Île de France (die Region mit Paris als Mittelpunkt) auf Weisung der Präsidentin des Regionalrats der Île de France, Valérie Pécresse, dazu entschlossen, die Klausel für ihr Gebiet anzuwenden. Danach sollen bei öffentlichen Anträgen diejenigen Unternehmen den Vorrang bekommen, auf deren Baustellen nur Arbeiter beschäftigt werden, die des Französischen mächtig sind.

Eine etwas seltsame Maßnahme, die mit einem hohen Bürokratie- und Überwachungsaufwand verbunden sein wird. Warum also eine solche Regelung? Selbstverständlich wird nicht deutlich gesagt, dass man damit fremdsprachige Beschäftigte – im Klarsprech: Ausländer - diskriminieren will. Es werden Sicherheitsgründe vorgeschoben. “Die Arbeiter müssten perfekt französisch sprechen, damit sie ein gutes technisches Verständnis für die Tätigkeit auf den Baustellen haben”, heißt es.

Der Radiosender “France Inter” schreibt zu den Hintergründen:
Offiziell besteht das Ziel darin, gegen die Beschäftigung von Leiharbeitern zu kämpfen, die in Frankreich geradezu explodiert. Es gibt in Frankreich 190.000 Leiharbeiter. Frankreich ist das 2. Zielland, hinter Deutschland. Der typische Leiharbeiter ist in der Regel Portugiese oder Pole, die einige Dutzend Tage im Jahr auf einer Baustelle arbeiten oder in der Landwirtschaft. Der Vorteil für die Unternehmer besteht darin, dass sie keine Gebühren bezahlen müssen, da die Arbeiter in ihrem Ursprungsland dazu verpflichtet sind. Das ist vollkommen legal, aber einige profitieren vom Grau- und Betrugsbereich: Die Arbeiter arbeiten unter spartanischen Bedingungen und zählen nicht ihre Stunden. Deshalb die Einführung dieser Klausel für den öffentlichen Bereich, um den Missbrauch zu verhindern, aber auch um die lokalen Unternehmer zu fördern. Die Klausel wurde bereits in der Normandie, in den Hauts de France und in der Region Auvergne Rhône-Alpes eingeführt.

Für das französische Wirtschafts- und Finanzministerium ist die “Molière-Klausel” “rassistisch, diskriminierend und eine nicht anwendbare Vorschrift”. Diese Klausel sei nicht anwendbar, sondern sogar illegal, weil des den europäischen Regelungen widerspricht, die die Freizügigkeit erlaubten. Nicht durchsetzbar sei sie, weil es den Regionen nicht zustehe, Bussen oder Kontrollen auf den Baustellen zu veranlassen. Hinzu komme, dass Frankreich damit auch etwas verlieren könne, da auch über 125.000 Franzosen als Leiharbeiter im Ausland arbeiten würden. Die Einführung einer solchen Ausnahme im Bereich der öffentlichen Aufträge würde eine Diskriminierung für ausländische Unternehmen bedeuten.

Also wieder nur einmal eine Aktion fürs Schaufenster, mit dem man den latenten Ausländerhass fördert. Richtig wäre es, die Situation der Leiharbeiter auf eine solide Grundlage zu stellen und scharf den Missbrauch zu bekämpfen. Bei der EU schmort zur Zeit wohl eine Korrektur der Direktive über Leiharbeit, mit der den Leiharbeitern die Bezahlung nach den Gesetzen des Gastlandes und nicht des Heimatlandes zugestanden werden soll.

Informationsquelle
Va-t-il falloir parler français pour travailler sur un chantier dans l'hexagone ?

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze