Kaum zu glauben: Spaniens Justiz hält Witze für strafwürdig

Luis Carrero Blanco war ein spanischer Militär (Admiral) und Politiker.
Er galt als Graue Eminenz des Franquismus und rechte Hand des Diktators Francisco Franco. Von diesem wurde er 1973 als Regierungschef vereidigt. Sechs Monate später, am 20. Dezember 1973, starb er durch ein Attentat der ETA.

Die Studentin Cassandra V. erdreistete sich, auf Twitter Witze über Carrero Blanco zu machen, unter anderem den: “Kissinger schenkte Carrero Blanco ein Stück vom Mond, ETA zahlte ihm die Reise dahin”. Des weiteren veröffentlichte sie Twittermeldungen unter dem Titel "Spiderman vs Carrero Blanco". Die humorlose Staatsanwaltschaft sah darin eine Straftat unter dem Tatbestand “Verherrlichung des Terrorismus” und erhob Anklage. Sie forderte 2 Jahre und 6 Monate Gefängnis für die junge Frau. Diese verteidigte sich damit, dass sie ihre Twitter-Meldungen scherzhaft im Stile des “schwarzen Humors” geschrieben habe.

Vor ein paar Tagen hat nun das Gericht entschieden. Dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß wollte sie nicht folgen, dem Vorliegen eines Strafbestandes sehr wohl. Es verurteilte die Studentin wegen des Strafbestandes der “Erniedrigung von Opfern des Terrorismus” zu 1 Jahr Gefängnis. Begründung war, dass, obwohl 40 Jahre nach dem Attentat vergangen seien, das Laster des Terrorismus weiter bestehe und dass alle Opfer Respekt verdienten. Womit das Gericht unterstellte, dass ein faschistischer Diktator immer noch Respekt verdient.

Cassandra erklärte zum Urteil, dass damit ihr Leben ruiniert worden wäre. In den sozialen Netzwerken beschrieb sie die Folgen: Sie sei jetzt vorbestraft, sie habe kein Recht auf ein Stipendium mehr und ihr Projekt, Dozentin zu werden, könne sie an den Nagel hängen. Zudem müsse sie die Kosten des Verfahrens tragen, während ihr Familieneinkommen nur aus 400 € monatlich Arbeitslosenhilfe ihres Vaters bestehe.

Es ist schon absurd, dass Witze über eine nach heutigen Maßstäben als Mordgehilfen einer Militärterror-Diktatur zu bezeichnenden Person mit dieser unerbittlichen Härte verfolgt werden, während man Familien, die ihre Vorfahren im Bürgerkrieg durch ebendiese Staatsterroristen verloren haben, verbietet die von diesen erschossenen und in Massengräbern verscharrten Leichname zu exhumieren. Möglich macht diese Art der Strafverfolgung das von der Partido Popular durchgesetzte Knebelungsgesetz (Ley mordaza) aus dem Jahre 2015 mit seinen weit auslegbaren Gummiparagraphen.

Kommentar eines Spaniers: Bisher habe ich meine Meinung gesagt, aber damit mir nicht dasselbe wie ihr passiert, halte ich jetzt das Maul.

Siehe auch
Das spanische Knebelungsgesetz öffnet Tür und Tor für Willkür
Strawberry hat sich mit seiner Meinung ins Gefängnis getwittert
Spanische Justiz hält Puppenspieler für gefährliche Kriminelle

Informationsquelle
Un año de cárcel para la tuitera que hizo bromas sobre el asesinato de Carrero Blanco
Una estudiante se enfrenta a dos años y medio de cárcel por hacer chistes en Twitter sobre Carrero Blanco

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze