Für Franzosen bricht eine Sprachwelt zusammen

Das französische Parlament hat einem Gesetzentwurf zugestimmt, der an französischen Universitäten die Möglichkeiten zur Unterrichtserteilung in anderen Sprachen als der französischen erweitert. Es geht vor allem um den Unterricht in englischer Sprache, womit für viele Konservative die glorreiche Geschichte der französischen Sprache als eine Weltsprache endgültig begraben wird. Es ist auch der Bankrott einer Sprach- und Ausländerpolitik, die noch von der Vorgängerregierung in Gang gesetzt wurde. Der damalige Innenminister Guéant hatte in einem Ministererlass verfügt, dass über Restriktionen die Zahl der ausländischen Studierenden aus nicht-EU-Ländern reduziert werden sollte. Eine heftig umstrittene populistische Aktion, die das Resultat hatte, dass französische Universitäten immer mehr an Attraktivität für ausländische Studierende verloren.

Jetzt soll also der Hebel umgelegt werden und die Attraktivität auch noch durch Lehrangebote in Englisch erhöht werden. Kein Wunder, dass es zu heftigen Auseinandersetzungen im Parlament kam. “Die Sprache Europas, das ist die Tradition, nicht das Englisch”, zitierte der UMP-Abgeordnete Daniel Fasquelle den Schriftsteller Umberto Eco. “Von einem schlechte Signal” spricht er und dass man die Universitäten nicht dadurch attraktiver macht, indem man sie Richtung Englisch steuert, sondern indem man “den Multikulturalismus und die Vielsprachigkeit fördert”. Wobei die Förderung der Vielsprachigkeit nicht unbedingt eine bisherige Priorität französischer Regierungen  war. Jetzt ist leider das eingetreten, was sich schon seit längerem abzeichnete: Französisch ist keine Weltsprache mehr. Französisch ist auch nicht mehr die Sprache der Diplomatie. Die englische Sprache hat ganz klar diesen Wettkampf gewonnen und Frankreich muss sich damit abfinden.

In den 90er Jahren versuchte man noch mit dem Toubon-Gesetz den Kampf gegen die englische Sprache aufzunehmen, jetzt hat man endgültig eingesehen, dass keine Aussicht auf Erfolg mehr besteht. Auch wenn Geneviève Fiorasco, Ministerin für Hochschulbildung und Forschung, versucht abzuwiegeln: “Es handelt sich um keinen Fall darum, das Primat des Unterrichts auf Französisch oder die Verteidigung der Frankophonie in Frage zu stellen, sondern im Gegenteil darum, den Sockel der Frankophonie für die Jugend, vor allem aus aufsteigenden Staaten zu verbreitern, die heutzutage nicht in unser Land kommen”.

Der bisherige Kampf gegen die Dominanz des Englischen hat noch eine Kehrseite: Französische Studenten beherrschen  die englische Sprachen nur sehr schlecht. Nach dem standardisierten Englisch-Test TOEFL aus dem Jahr 2012 belegen die französischen Studenten innerhalb der Länder der EU nur den 23. Platz, weit abgeschlagen hinter Länder wie Belgien, Deutschland und Niederlande. Damit sind die Chancen für viele französische Studenten an amerikanischen, kanadischen und britischen Universitäten zu studieren äußerst eingeschränkt.

Informationsquelle
"Quel est donc ce peuple qui a honte de sa propre langue ?" – Le Monde
Pourquoi les étudiants français ont-ils un mauvais niveau d'anglais ? – Le Monde

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