Spanisch, das keiner versteht, sorgt für Aufruhr

Die Andalusier bevölkern Südspanien. Während in einigen Regionen die Zentrifugalkräfte nach Unabhängigkeit schreien und vor allem das Baskenland und Katalonien ständig das dicke Brett der Distanzierung von ihren iberischen Schwestern und Brüdern bohren, sind die Andalusier recht brave Spanier. Sie sind zwar stolz auf ihre Region, aber es sind in erster Linie die folkloristischen Werte, die ihre Selbstidentität darstellen. Sie haben auch keine eigene Sprache, die ein Grund für einen Zwist darstellen könnte. Insofern kann der spanische Zentralstaat mit Andalusien und seiner Hauptstadt Sevilla zufrieden sein.

Nur, Andalusier sprechen ein Spanisch, das manche – auch Spanier - nicht so gut verstehen. Wir würden es vielleicht als Dialekt bezeichnen, bei den Spaniern, vor allem denen aus Kastilien, gilt es als schlechtes Spanisch. Die Kastillier in Madrid, die meinen, dass das “Castellano” eigentlich das richtige Spanisch ist, sehen demzufolge etwas hochmütig auf ihre Landsleute im Süden herunter. Andalusisch gilt in Spanien als bäurisch, proletenhaft.

Nun hat es sich wieder einmal einer erlaubt, einen hochmütigen Satz über die Andalusier und ihr undeutliches Sprechvermögen vom Stapel zu lassen. Es war der Präsident der katalanischen Landesregierung, Artur Mas, der sich gestern mit dem Satz unbeliebt machte: “Dort sprechen sie ein Spanisch, sicherlich, aber manchmal versteht man sie nicht”. Mit diesem Satz bezog er sich auf Málaga, Sevilla und La Coruña. Letztere Stadt liegt in Galicien. Die katalanischen Abgeordneten von der Partei CiU klatschten sich bei diesem Satz ihres Präsidenten auf die Schenkel, denn auf die Andalusier eindreschen ist in Katalonien sehr beliebt.

National-Spanien war empört. Der Regierungssprecher in Madrid, José Blanco, erklärte, dass solche Sprüche den Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens überhaupt nicht dienlich seien. Der Präsident der Autonomie Andalusien, José Antonio Griñán, verlangte eine Entschuldigung von Mas und erklärte: “Es ist nicht das erste Mal, dass der katalanische Präsident verächtlich von Andalusien spricht. Das zeigt einen gewissen Überheblichkeitskomplex, der meines Erachtens grundlos ist.”

In der Sitzung des katalanischen Parlaments, in dem die ominösen Worte fielen, ging es um die Durchsetzung der katalanischen Sprache an den Schulen Kataloniens und die Anerkennung der katalanischen Abschlüsse in Gesamtspanien. Der katalanische Regierungschef fühlt sich missverstanden und erklärt die Sache so: “Die vielen Aufrufe an den Rest des spanischen Staates, dass man auf die legitimen Anforderungen Kataloniens eingehen solle, zeigen wenig Echo, aber im Gegensatz dazu hat man Zeit “eine gewöhnliche und unschuldige Bemerkung”  in völlig übertriebener Form aus dem Zusammenhang zu reißen.”

Kleine Ursache, große Wirkung? Der katalanische Präsident hat sich inzwischen für seine Äußerungen entschuldigt.

Siehe auch:
Schrecklicher Lapsus eines spanischen TV-Sprechers
Diskriminiert Katalonien die spanische Sprache?
Marsé ist für Zweisprachigkeit


Informationsquelle:
Mas se disculpa por su frase sobre el acento andaluz y gallego – El Periódico

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