Warum attackieren die Bären?

In den rumänischen Karpaten gab es in der vergangenen Woche wieder 3 Zwischenfälle mit Braunbären. In Mureş wurde ein Mann von einem Bär gebissen, den er in seinem Garten antraf. Im Bucegi-Gebirge wurde ein tschechischer Tourist von einem Bären schwer verletzt. Dort hatten auch 2 ungarische Touristen eine Begegnung mit einem Bären, bei der sie leicht verletzt davon kamen.

Rumänien ist das europäische Land mit der grössten Braunbären-Population. Der ehemalige Diktator Ceauşescu hatte 1975 die Jagd auf Bären verboten und sich den Abschuss jedes Bären selbst vorbehalten. Seit einigen Jahren ist ein starkes Anwachsen der Bärenpopulation in Rumänien zu beobachten. Hinzu kommt, dass der Mensch immer mehr durch landwirtschaftliche Expansion in die alten Jagdgebiete der Bären eingreift. Die Zahl der Bären wird bei konservativer Schätzung auf 6.000 bis 7.000 Exemplare geschätzt, manche sprechen sogar von 10.000 Bären.

Man hat beobachtet, dass die Bären sich nicht mehr vor den Menschen fürchten. Er sucht im Gegenteil seine Nähe. Inzwischen weiss er, dass es in der Nähe des Menschen etwas zu fressen gibt. Er weiss inzwischen auch, dass der Mensch - vor allem der Bergwanderer - normalerweise das Essen im Rucksack hat. Es gibt schon viele bettelnde Bären (urşii „cerşetori”) an den Bergstrassen, die durch das schrumpfende eigene Jagdterritorium aus Hunger so etwas tun. So verlieren sie im Lauf der Zeit den Instinkt, die Nahrung durch eigene Anstrengung zu suchen und stattdessen diese sich beim Menschen abzuholen.

In Rumänien ist die Waldschutzbehörde ROMSILVA für die Bären zuständig. Sie überlegt inzwischen, ob die Jagd auf die Bären in eingeschränktem Umfang freigegeben werden soll.

Es gibt aber auch Rumänen, die keine Angst vor den Bären haben. Vlad Mărgăritescu aus Bukarest ist ein begeisterter Bergwanderer und übernachtet gerne in der freien Natur im Zelt. Obwohl er um die Gefahr mit Bären weiss, lässt er sich davon nicht abhalten. "Ich habe keine Angst vor Bären. Einmal hat mich einer bei meinem Zelt besucht, ich habe ihm Essen gegeben und er war damit zufrieden", erzählt er. Robert, ein anderer begeisterter Bergliebhaber, hat inzwischen doch etwas Bammel. Er übernachtet nicht mehr im Zelt, sondern in den Berghütten.

Die Betreiber der Berghütten (Cabana) sind nicht so besorgt wegen der Bären. "Das ist doch ganz normal. Die Bären sind durch die Touristen bereits domestiziert. Sie holen sich den Müll, der von den Touristen übrig geblieben ist. Die Bären werden nur aggressiv, wenn ihnen die Touristen zu nahe kommen oder sie mit den Blitzen ihrer Fotoapparate irritieren", erzählt Liliana, Angestellte in der Cabana Gura Diham im Kreis Prahova.

Zuletzt noch einige gute Ratschläge von rumänischen Bärenexperten für Begegnungen mit Bären:
- in Bärenregionen laut sprechen oder singen, damit die Bären einem von weit hören und sich nicht überrascht fühlen,
- wenn man ihn als Erster gesehen hat und er die Witterung noch nicht aufgenommen hat, sich auf einem anderen Weg vorsichtig entfernen,
- grössere Gruppen von Wanderern sollten in der Nähe von Bären eine Kette bilden, die dieser als ein undurchdringliches Gebilde einschätzen wird,
- wenn er plötzlich vor einem steht: Ihm den Rucksack hinwerfen und während er den untersucht, schnellstens abhauen,
- bei Übernachtungen im Zelt: Ein verschwitztes Hemd oder Socken an einem Draht über dem Zelt aufhängen. Der intensive Geruch des Menschen lässt den Bären dann umkehren.

Siehe auch Blogbeitrag: Im Bucegi attackieren die Bären
Informationsquelle. Evenimentul Zilei, De ce atacă urşii?

Kommentare

  1. Die hier angegebene Zahl der Bären stimmt bei weitem nicht. Vor der Revolution in RO lag der Bestand bei ca. 8000 Bären. 10 Jahre nach der Revolution war der Bestand bereits auf 4000-4500 Tiere reduziert. Auf die Gründe will ich hier nicht weiter eingehen ... Der heutige Bärenbestand beträgt mit Sicherheit keine 4000 Tiere mehr, es ist anzunehmen, dass er allerhöchstens noch 3000 Tiere aufzuweisen hat. Besonders in den Ostkarpaten gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhebliche Abschussraten, so dass die Hirten nur noch über wenige oder keine Bärenattacken berichten.
    Das Problem mit den Bären in der Gegend um Brasov, Sinaia und anderer Orte ist, dass sich hier eine an den Menschen gewohnte Bärenpopulation entwickelt hat. Warum man diesen Schwachsinn zugelassen hat, darüber lässt sich spekulieren. Vielleicht liegt es an mehreren Gründen: 1. die zunehmende Einmischung internationaler Tierschützer, derer wegen man Abschüsse dieser Population bisher vermieden hat. 2. das touristische Image, dass die Bären dieser Region verleihen ... 3. das bewusste Zulassen der Vermehrung dieser an den Menschen gewohnten Bärenpopulation, die den Bären eben auch als "gefährlich" erscheinen lässt und somit mittelfristig der Jägerlobby die Legitimation zum Abschuss der letzten grösseren Bärenbestände erlaubt. Diese Abschüssen werden dann aber nicht auf die Problemregion begrenzt sein, sondern sich vorrangig dort ereignen, wo es eben keine Problembären gibt. ... Es wäre letztendlich nur korrekt, speziell diese eine an den Menschen gewohnte Bärenpopulation abzuschiessen, so dass wieder Ruhe und Sachverstand einsetzen und der klare Blick für die eigentliche Gefährdung der Bärenbestände in Rumänien deutlich wird.
    Was die "landwirschaftliche Expansion in die Jagdgebiete der Bären" angeht, so stimmt das nur bedingt aus folgenden Gründen: entsprechend der sehr hohen Abschussraten der vergangenen 20 Jahre hat sich das statistische Areal pro Bärenrevier im Grunde verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht; zudem haben wir besonders ab dem Beitritt Rumäiens in die EU einen rapiden Rückgang der Weidegebiete innerhalb der Gebirgsregionen zu verzeichnen. Auf diesen Flächen wird es zu einer zunehmenden Entwicklung neuer Waldflächen kommen. Eine starke Verwilderung und Verstrauchung dieser Flächen lässt sich heute schon an vielen Orten beobachten. ...
    Wilhelm Scherz
    http://www.karpatenwilli.com/baer.htm

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