Die Anarchisten bemächtigen sich der Karwoche und der spanische Staat zeigt seine Parteilichkeit
Ab Sonntag marschieren sie wieder, die frommen spanischen “Nazarenos”, die ihrer Trauer über den Tod des HERRN in langen Prozessionen mit meist einer Gipsstatue der Jungfrau Maria an der Spitze ein Zeichen setzen. Besonders attraktiv sind die Prozessionen in Sevilla, das das spanische Zentrum der Feierlichkeiten zur “Semana Santa” (Karwoche) ist. Das religiöse Spektakel ist im Laufe der Zeit jedoch zu einem Folklore- und Touristenspektakel degeneriert und so verwundert es nicht, dass ein beträchtlicher Teil der Spanier respektlos die Aufmerksamkeit auch auf eigene, nicht-religiöse - Anliegen lenken möchte.
Bereits 2014 gab es einen erheblichen Aufruhr, weil die Gewerkschaft CGT unterstützt von Lesben, Schwulen und Abtreibungsbefürwortern die alternative Prozession “Anarchistenbruderschaft von der heiligsten ungehorsamen Fotze und die heilige Beerdigung der Arbeiterrechte” (anarcofradía del santísimo coño insumiso y el santo entierro de los derechos sociolaborales) in Sevilla veranstaltete. Bei der Prozession trugen sie eine überdimensionale Vagina aus Pappmaché durch die Straßen. Blasphemie, schrie eine beleidigte Öffentlichkeit. Alles nur geifernde Kirchenhasser, die die geltenden Werte in den Dreck ziehen wollen, hieß es bei den Konservativen und Reaktionären. Damals hatten die Proteste durchaus ihren sachlichen Hintergrund, denn die konservative Regierung hatte sich an den Abbau der Rechte der Arbeitnehmer und eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes gemacht.
Das Beispiel hat Schule gemacht. Auch andere gesellschaftliche Gruppen erfüllen die Prozessionen mit neuem Leben und machen so auf ihre Anliegen aufmerksam. In Madrid gab es “Die Laienbruderschaft von der heiligsten Fotze aller Orgasmen”, die für das Recht auf Abtreibung, auf künstliche Befruchtung und gegen häusliche Gewalt in Form einer Prozession demonstrierten. Die Umweltschützer von “Ecologistas en Acción” riefen zu einer Prozession zu Ehren der “Heiligen Radioaktivität des ewigen Gedenkens” auf, um ihren Protest gegen die Einrichtung eines atomaren Zwischenlagers von Villar de Cañas bekanntzumachen.
Die Veranstalter der herkömmlichen Prozessionen, die Laienbruderschaften (cofradias) sind beleidigt, dass man ihre Prozessionen derart “in den Dreck” zieht. Sie verlangen, dass die Regierung Demonstrationen in “Prozessionsform” verbietet. Dabei berufen sie sich auf das neu erlassene Knebelgesetz zur “gesellschaftlichen Sicherheit” mit dem “Beleidigungen oder Beschimpfungen Spaniens, seiner Institutionen, Symbole, Hymne oder Kennzeichen” als schwere Vergehen eingestuft werden. In Madrid wurde dieses Jahr eine geplante “Atheisten-Prozession” verboten. Die Atheisten und Freidenker wollten mit dieser Prozession auf die weltanschauliche Neutralität des Staates hinweisen. Die Stadt Madrid ist aber der Meinung, dass der Marsch eine “tatsächliche Verletzung der öffentlichen Ordnung mit dem Risiko für Personen sowie öffentliche und private Güter sei”. Die Justiz hat das auch abgesegnet und sich dabei besonders am Wahlspruch der Prozession gestoßen: “Nein zum Raub der Mezquita von Córdoba. Keine Privilegien für die Kirchen. Von unseren Steuern, null für die Kirchen”. Zudem findet das Innenministerium es abscheulich, dass die Prozession auf ihrem Weg einzelne Abschnitte mit der Bezeichnung wie “Die Kongregation von der grausamen Inquisition”, “die Bruderschaft von der heiligen Pädophilia” oder die “Bruderschaft vom Papst des heiligen Scheißhauses” durchschreiten wollte.
Das zeigt einmal mehr, dass die Spanier zu einem großen Teil das folklorisierende Getue und damit auch die Verschleierung der immer noch umfangreichen Macht der katholischen Kirche satt haben und satirisch-anarchistisch dagegen vorgehen wollen. Die Kräfte, die am Alten festhalten oder das Rad noch einmal zurückdrehen wollen, sind aber immer noch sehr stark und vor allem zur Zeit noch an den Schaltstellen der Macht gut vertreten. Die sich immer stärker entwickelnde Mündigkeit der spanischen Gesellschaft muss noch einen langen und beschwerlichen Weg gehen.
Siehe auch
Harte Zeiten für Atheisten
Informationsquelle
Del Santo Coño y de otras cofradías.
Bereits 2014 gab es einen erheblichen Aufruhr, weil die Gewerkschaft CGT unterstützt von Lesben, Schwulen und Abtreibungsbefürwortern die alternative Prozession “Anarchistenbruderschaft von der heiligsten ungehorsamen Fotze und die heilige Beerdigung der Arbeiterrechte” (anarcofradía del santísimo coño insumiso y el santo entierro de los derechos sociolaborales) in Sevilla veranstaltete. Bei der Prozession trugen sie eine überdimensionale Vagina aus Pappmaché durch die Straßen. Blasphemie, schrie eine beleidigte Öffentlichkeit. Alles nur geifernde Kirchenhasser, die die geltenden Werte in den Dreck ziehen wollen, hieß es bei den Konservativen und Reaktionären. Damals hatten die Proteste durchaus ihren sachlichen Hintergrund, denn die konservative Regierung hatte sich an den Abbau der Rechte der Arbeitnehmer und eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes gemacht.
Das Beispiel hat Schule gemacht. Auch andere gesellschaftliche Gruppen erfüllen die Prozessionen mit neuem Leben und machen so auf ihre Anliegen aufmerksam. In Madrid gab es “Die Laienbruderschaft von der heiligsten Fotze aller Orgasmen”, die für das Recht auf Abtreibung, auf künstliche Befruchtung und gegen häusliche Gewalt in Form einer Prozession demonstrierten. Die Umweltschützer von “Ecologistas en Acción” riefen zu einer Prozession zu Ehren der “Heiligen Radioaktivität des ewigen Gedenkens” auf, um ihren Protest gegen die Einrichtung eines atomaren Zwischenlagers von Villar de Cañas bekanntzumachen.
Die Veranstalter der herkömmlichen Prozessionen, die Laienbruderschaften (cofradias) sind beleidigt, dass man ihre Prozessionen derart “in den Dreck” zieht. Sie verlangen, dass die Regierung Demonstrationen in “Prozessionsform” verbietet. Dabei berufen sie sich auf das neu erlassene Knebelgesetz zur “gesellschaftlichen Sicherheit” mit dem “Beleidigungen oder Beschimpfungen Spaniens, seiner Institutionen, Symbole, Hymne oder Kennzeichen” als schwere Vergehen eingestuft werden. In Madrid wurde dieses Jahr eine geplante “Atheisten-Prozession” verboten. Die Atheisten und Freidenker wollten mit dieser Prozession auf die weltanschauliche Neutralität des Staates hinweisen. Die Stadt Madrid ist aber der Meinung, dass der Marsch eine “tatsächliche Verletzung der öffentlichen Ordnung mit dem Risiko für Personen sowie öffentliche und private Güter sei”. Die Justiz hat das auch abgesegnet und sich dabei besonders am Wahlspruch der Prozession gestoßen: “Nein zum Raub der Mezquita von Córdoba. Keine Privilegien für die Kirchen. Von unseren Steuern, null für die Kirchen”. Zudem findet das Innenministerium es abscheulich, dass die Prozession auf ihrem Weg einzelne Abschnitte mit der Bezeichnung wie “Die Kongregation von der grausamen Inquisition”, “die Bruderschaft von der heiligen Pädophilia” oder die “Bruderschaft vom Papst des heiligen Scheißhauses” durchschreiten wollte.
Das zeigt einmal mehr, dass die Spanier zu einem großen Teil das folklorisierende Getue und damit auch die Verschleierung der immer noch umfangreichen Macht der katholischen Kirche satt haben und satirisch-anarchistisch dagegen vorgehen wollen. Die Kräfte, die am Alten festhalten oder das Rad noch einmal zurückdrehen wollen, sind aber immer noch sehr stark und vor allem zur Zeit noch an den Schaltstellen der Macht gut vertreten. Die sich immer stärker entwickelnde Mündigkeit der spanischen Gesellschaft muss noch einen langen und beschwerlichen Weg gehen.
Siehe auch
Harte Zeiten für Atheisten
Informationsquelle
Del Santo Coño y de otras cofradías.
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