Bigotter Innenminister entdeckt plötzlich den laizistischen Staat, wenn es um Flüchtlinge geht

Jorge Fernández Díaz ist spanischer Innenminister. Als solcher auch zuständig für Fragen des Asyls und Behandlung der Flüchtlingswellen an Spaniens südlicher Grenze. Fernández Díaz hat auch den kürzlichen Beschluss der spanischen Regierung zu vertreten, dass die Flüchtlinge, denen es gelingt die Zäune zu den spanischen Exklaven in Afrika, Melilla und Ceuta, zu übersteigen, umgehend wieder nach Marokko abgeschoben werden, ohne zu prüfen, ob sie einen Asylgrund haben. Die spanische Bischofskonferenz – das Handeln des neuen Papstes zeigt Wirkung – hat seine energische Zurückweisung gegenüber diesem Beschluss erklärt und versichert, dass es dafür Alternativen gibt. Sie verlangt einen Dialog, um nach Wegen für einen rechtmäßigen Zugang für diejenigen zu suchen, die sich gezwungen sehen in ihrer Verzweiflung über die Zäune zu springen. Der Regierungsbeschluss verletze die Menschenrechte.

Ein starkes Wort einer Kirche, die bisher nicht durch fortschrittliches Handeln in Menschenrechtsfragen aufgefallen und von der die spanische Regierung ziemlich abhängig ist. Das ist der Grund weshalb Fernández Díaz vermutlich erschrocken und doch zufrieden entdeckt, dass der spanische Staat ein laizistischer Staat ist, in dem Kirche und Staat getrennt sind. “Jede dieser Institutionen hat seine eigene Zuständigkeit”, meint er. Damit ist er fein aus dem Schneider, aber diese Erkenntnis widerspricht eklatant seinem bisherigen Verhalten. Die Webseite von “eldiario.es” hat zusammengestellt, wie eng die Beziehungen und Förderung der katholischen Kirche durch Fernández Díaz bisher war.

Im April gewährte er einer Ausfertigung der Muttergottes, unserer allerheiligsten Mutter Maria von der Liebe (Nuestra Señora María Santísima del Amor) auf Vorschlag der Polizeidirektion Málaga den Ehrenorden der Polizei für besondere Verdienste. Im Verleihungsschreiben hob er die Werte, die sie mit der Polizei verbindet hervor: “Die Hingabe, die Fürsorge, die Solidarität und die Opferbereitschaft”. Bei dieser Marienausgabe handelt es sich um eine Statue, die in Málaga steht. Die infolge der Ehrung ihr zustehende Pension wurde ihr sicherheitshalber aberkannt, weil die Ehrung ehrenhalber erfolgt sei. Solche religiöse Akte haben in einem laizistischen Staat wirklich nichts zu suchen und Spanien machte sich damit bis in die amerikanischen Medien lächerlich.

Im Oktober 2012 machte Fernández Díaz noch zu Benedikt XVI Zeiten einen Besuch im Vatikan und assistierte der Heiligsprechung einer spanischen Nonne. Dabei gebärdete er sich als glühender Katholik und bat den Papst, für Spanien in diesen schweren Zeiten zu beten. Wenn schon Flüchtlinge im Land sind, dann sollen sie auch katholisch indoktriniert werden. In diesem Sinne unterschrieb er im Juni ein Abkommen mit der spanischen Bischofskonferenz, mit dem die “religiöse Unterstützung” für Ausländer in den Internierungslager garantiert wurde. Der Staat hat nach dieser Vereinbarung die Kosten für die religiöse Betreuung der Flüchtlinge zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass diese an Gottesdiensten teilnehmen können. Gemäß der Vereinbarung werden in den Lagern am Sonntag und an christlichen Feiertagen Messen gelesen. Nichtkatholiken dürfen aber daran nicht teilnehmen. Es ging hierbei ausdrücklich nur um religiöse Angelegenheiten, Erleichterungen für das Leben in den Internierungslagern waren in der Vereinbarung nicht vorgesehen.

Im Juni 2013 erklärte Fernández Díaz in einem Interview, dass er von der Anwesenheit Gottes im Abgeordnetenhaus überzeugt sei. “Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott überall ist, auch im Kongress und er ist nicht zufällig dort. Alles, was passiert hat irgendeinen Sinn, aber ich bin kein Fundamentalist und auch nichts ähnliches”, gab er zum Besten. Er reitet aber trotzdem in dem Interview auf seinem Glauben und religiösen Überzeugung herum.

Wenn es ernst wird mit der christlichen Lehre von der Nächstenliebe, dann plötzlich entdeckt man, dass das Aufgabe von Priestern und Bischöfen ist. Das schöne Geschwätz über die Bedeutung Gottes und der Kirche stellt sich als hohl heraus. Christliche Nächstenliebe kann eben sehr anstrengend sein.

Siehe auch
Der lange Arm der katholischen Kirche und die spanische Bildungspolitik
Unbefleckte Empfängnis wird zur ewigen Bürgermeisterin ernannt

Informationsquelle
"Dios está en el Congreso" y otras frases 'aconfesionales' de Fernández Díaz

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