Zwanzig Jahre nach Ceausescu: Endlich Rumäne sein!

Als rumänischer Staatsbürger hatte man es nicht leicht in Europa. Schikanen an Flughäfen und an den Grenzen im Westen Europas. Sie galten als beliebtes Objekt, an denen sich die Vorurteile der Sicherheitsapparate austoben konnten. Man möchte es gerne laut rufen: Es gibt schwarze Schafe unter den Rumänen, es gibt aber auch viele, die genauso rechtschaffen sind wie andere Menschen in Europa!

Aber lassen wir einmal einen Rumänen zu Wort kommen. Cosmin Silistraru hat unter dem Titel "Auch heute sind wir noch Rumänen, aber jetzt mit Personalausweis...." beschrieben wie es ist, wenn man als Mensch 2. Klasse behandelt wurde und sich jetzt kindlich freut, wenn man nicht mehr erniedrigt wird:

"Es ist viel Zeit vergangen seit damals..... An einem Morgen im Jahr 1992 fuhren wir mit einigen französischen Freunden zur Botschaft Österreichs. Wir wollten zu den Freunden nach Frankreich, aber dafür benötigten wir ein Transit-Visum. Das deutsche Transit-Visum erhielten wir am Abend vorher. Es gab keine Wahl, wir brauchten auch das österreichische Visum. Eigentlich sollte dies keine Problem sein, aber keiner wusste welche Fehler der Beamte der Botschaft in meinem Formular fand. Entweder er fühlte sich unwohl oder hatte Ärger mit seinem Chef oder er war einfach entnervt wegen der Unmenge an Rumänen, die sein Land durchqueren wollten. Ich erinnere mich noch gut an die riesige Warteschlange. Aber wenn wir das Visum nicht bekommen hätten, würden wir zu Hause bleiben mit dem französischen Visum im Pass und dem Pass in der Tasche. Ein anderes Verkehrsmittel stand uns nicht zur Verfügung.

Nach einigen Jahren waren wir in Wien. Ein Freund rief mich an und fragte, ob ich ihm ein Zimmer im Hotel reservieren könne. Er möchte auch mal nach Österreich kommen. Bisher hatte er Rumänien noch nie verlassen. Jetzt konnte er sogar mit Personalausweis reisen. Er wollte Ferien machen und darüberhinaus das Gefühl "nur mit dem Ausweis die Grenze zu überschreiten" vermittelt zu bekommen.

Ich erinnere mich noch oft daran, dass die härtesten Kontrollen bei der Einreise nach Deutschland erfolgten. Ein Auto mit französischem Kennzeichen konnte normalerweise die Grenze leicht passieren. Aber in diesem Fahrzeug sass noch ein weiterer Mann. Bei den vorgelegten Papieren stach den Zöllnern ein Papier besonders ins Auge: Das Meinige. Es begann eine zeitraubende Prüfung. Später habe ich mich daran gewöhnt. Wir mussten den ganzen Kofferraum ausräumen. Ich weiss nicht warum, das passiert immer nachts. Mir war kalt, daran erinnere mich sehr gut. Es war eine Kälte, die man spürt, wenn dich ein geliebter Mensch verlässt.

Zu Beginn der der 90er Jahr erschien eine Nachricht, die mich perplex machte: Man sprach von einigen Menschen aus meinem Land, die in Österreich Schwäne gegessen haben. Es war wahrscheinlich die erste Information in einer Reihe von hässlichen Nachrichten über uns und Rumänien.

1995 wurde ich innerhalb eines Austauschprogramms zwischen Universitäten von einer Fakultät in Schweden eingeladen. Ich bin von Bukarest aus geflogen mit Zwischenhalt in Deutschland. Mit Transit-Visum. Kontrolle an der Flugzeugtreppe, nur für Rumänen. Zwischenlandung in Dänemark. Ich steige zusammen mit einem Dänen aus, mit dem ich mich unterhalte. Vor den Ausgangstüren, Passkontrolle. Der Zöllner kontrolliert meinen Pass, zögert bevor er mir den Pass zurückgibt und fragt seinen Kollegen, ob Rumänen ein Visum bräuchten. Der wusste es auch nicht so genau. Dann plötzlich erinnerte er sich. Sehr höflich gibt mir dann der Zöllner den Pass zurück und sagt zu mir: "Mein Herr, es tut mir leid, aber kann sie nicht ins Land lassen". "In das Land einreisen? Das will ich doch gar nicht! Zeigen sie mir die Tür zum Flugzeug nach Schweden." Sein Gesicht hellte sich auf und er gab mir alle Informationen, die ich brauchte.

Wie ich in Schweden ankam, war es sehr spät, kurz nach Mitternacht. Alle Passagiere haben den Flughafen durch eine Tür mit einem einzigen Grenzer verlassen. Verantwortungsbewusst, man vergisst ja nicht seinen Pass, habe ich mich zur Tür "Non-EU" begeben. Ich war der Einzige. Kein Grenzer weit und breit. Einer der Angestellten des Flughafen rief mir etwas zu und machte Zeichen, dass ich die falsche Tür gewählt hätte. Ich antwortete ihm und schwenkte dabei den Pass: Ich bin Rumäne! Sofort erschienen zwei Zöllner und sagten: "In diesem Fall müssen wir eine Gepäckkontrolle machen!" Kein Problem, mein Gepäck war ein kleines Köfferchen mit ein paar persönlichen Sachen. Sie zogen sich Wegwerfhandschuhe an, untersuchten mich komplett und jedes Ding, das ich bei mir trug. Ganz unten fanden sie dann die Einladung der schwedischen Universität. Ich erinnere mich noch an das Gesicht der Frau, die mein Gepäck so akribisch untersuchte wie wenn sie schreckliche Waffen darin vermutete, wie sie dann plötzlich Schamröte ins Gesicht bekam und mich um Entschuldigung mit den Worten bat: "Warum haben sie nicht sofort gesagt, warum sie gekommen sind? Ihre Kollegen warten draussen, bitte, entschuldigen sie!".

Als mein Freund, der seit 1989 Rumänien noch nicht verlassen hatte, in Wien ankam, war er äusserst .... glücklich! Er erzählte mir das ein und andere Mal wie er an der Grenze angekommen ist, wie er den Ausweis gezeigt hat, wie ihm die Zöllner Zeichen machten, dass er passieren sollte und sie hatten ihn nicht einmal gebeten, den Kofferraum aufzumachen. Er fühlte sich stolz, ein Gefühl, das er seit Jahren nicht erlebt hatte. In der Tat, in Angst gedemütigt zu werden haben wir bisher an der Grenze gehalten und sind stehen geblieben. Rumänien hat etwas für ihn erreicht.

Heute erinnere ich mich noch daran und an viele andere Dinge. An die Momente, an denen ich mich gedemütigt gefühlt habe, Erniedrigung in den Schlangen vor den Botschaften, die Angst, die wir empfanden, wenn wir zu spät an die Grenze kamen und die Transit-Visen in wenigen Stunden ausliefen. Ich erinnere mich noch an die Nervosität, mit dem wir eine "Einladung" aus dem Ausland erwarteten, der Gang zur französischen Botschaft, um ein Visum zu beantragen, von dem wir nie wussten, ob wir es bekommen oder nicht.

Daran erinnere ich mich und ich möchte es nicht vergessen. Ich sage mir, dass mein Land etwas für mich getan hat, für uns. Und dass voraussichtlich der Moment kommt, wo wir im Austausch etwas für es machen können. Dass wir es ändern, wenn auch langsam. Ich glaube, dass wir dass wir jetzt das Gefühl haben: Dass wir Rumänen sind."

Informationsquelle: Ziare.ro, Şi azi sîntem români. Nu doar cu buletinul...

Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze