Europas Zigeuner als Sündenböcke

"Zigeuner - mit diesem Namen verbinden sich viele Klischeevorstellungen, Zigeunermusik, der spanische Flamenco, die virtuose Geigenmusik ungarischer Zigeuner und die Romantik am flackernden Lagerfeuer. Schwerwiegender sind Vorstellungen und Beschuldigungen, die auch heute noch oft bedenkenlos geäußert werden: Die Zigeuner sind Landstreicher, sie sind schmutzig, sie betteln, sie stehlen und sie betrügen.........". Das schreibt Günther Weiss, Sinto und Kriminalhauptkommissar in Kehl.

Er beschreibt uns auch in Kürze ihre Geschichte: "Roma und Sinti leben heute fern von ihrer Urheimat, dem indischen Punjab, einem Gebiet im nordwestlichen Indien und östlichen Pakistan. Von dort verschleppten die Araber bei ihren Eroberungsfeldzügen im 9. und 10. Jahrhundert die Bewohner, um sie als Sklaven und Soldaten gegen die oströmischen Legionen ins Feld zu schicken. Im 11. Jahrhundert nahmen die Moslems bei ihren Feldzügen  ca. weitere  500.000 Zigeuner als Gefangene mit. Die meisten wurden als Sklaven auf den Balkan verbracht. Nach Griechenland, Rumänien, Serbien, Transsylvanien und in der Walachei kamen sie ebenfalls als verkaufte Sklaven."

Und auch diese Information ist wichtig: "Vorwiegend reisen in den Sommermonaten französische, belgische, italienische, britische, sowie Roma aus Norwegen, Schweden und Dänemark mit ihren Wohnwagen als Händler, Handwerker und Kaufleute durch Deutschland und ganz Europa. Frankreich wird diesen Familien durch das Besson-Gesetz gerecht, wonach Kommunen mit mehr als 5000 Einwohnern zur Einrichtung eines Durchreiseplatzes für Sinti- und Romafamilien verpflichtet werden."

Die französische Regierung hat den Roma's inzwischen den Krieg erklärt. Offiziell geht es nur um Kriminelle, aber die Art und Weise der Kampagne gegen die Roma - die internationale Selbstbezeichnung aller "Zigeuner" auf der Welt ist "Roma" - deutet doch auf ein Verfahren hin, das bereits im Mittelalter gang und gäbe war. "1589 erlaubten die Polizeiverordnungen, dass die Polizei den Zigeunern Hab- und Gut wegnehmen und sie des Landes vertreiben darf", schreibt Günther Weiss. Die französische Regierung scheint sich an diese Methode der Roma-Bekämpfung zu erinnern. Unliebsame Roma sollen nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben werden, seit neuestem notfalls auf dem Luftweg.

"Le Monde" schreibt heute unter dem Titel "Das fahrende Volk, der Versuch einer Vermischung", dass Staatspräsident Sarkozy versuche, den Romas insgesamt die Kriminalität einiger Weniger anzuhängen. Über rumänische und bulgarische Roma wärme man das alte Vorurteil gegen das "fahrende Volk" wieder auf. Dies sei sehr gefährlich, denn 95% der Romas in Frankreich seien französische Staatsangehörige.

Die rumänische Presse veröffentlichte einen Brief des Präsidenten der Roma in Europa (FADERE), Daniel Tecu, an den französischen Staatspräsidenten, in dem er diesen auffordert, "den von ihm angezettelten Kampf gegen die Romas aus Bulgarien abzumildern". Tecu schreibt:
"Es ist gut, dass die französische Regierung einen Kampf gegen Gewalt und Kriminalität startet. Dieser darf aber nicht mit einem Kampf gegen die Roma verwechselt werden. Wir sollten nicht vergessen, dass die Roma eine Ehtnie ist, die aus Kindern, Müttern, Alten, arbeitenden und ehrlichen Männern besteht, es aber auch Gesetzesbrecher gibt. Die Behörden sollten sich auf die Letzteren beschränken. Alles sollte nach den europäischen Gesetzen unter Berücksichtigung der Menschenrechte ablaufen. Auch die Roma sind Europäer!"

Welche rassistisch-faschistischen Emotionen mit der Kampagne ausgelöst werden, zeigt die Reaktion eines rumänischen Lesers: "Ich hätte die Zigeuner keine Autobahn blockieren lassen (in Bordeaux hatten heute Roma aus Protest eine Autobahn blockiert), mit zwei Panzern hätte ich ihre Karren zerschmettert und alles hätte sich aufgelöst... es hätten auch ein paar Bulldozer, Schwerfahrzeuge genügt, um den Einsatz der Armee zu vermeiden".

Siehe auch Blogbeiträge: Sarkozy spielt mit der sozialen Atombombe, Kampf den Vorurteilen gegen die Roma, Romas in Europa aus französischer Sicht, Lustig ist das Zigeunerleben

Informationsquelle: Günter Weiss, Sinti und Roma seit 600 Jahren in Deutschland, Le Monde, Gens du voyage : la tentation de l'amalgame, Evenimentul Zilei, Romii au protestat la Bordeaux."Aş fi deja mort în România"

Kommentare

  1. "Trotz der heiligen Versprechen der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: 'Nie wieder Krieg', entgegen all den Hoffnungen auf eine schönere Zukunft muß ich sagen: Wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute schon zu behaupten, daß es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen.
    Ich sehe die kommende Entwicklung klar vor mir. Der heutige Stand der Technik läßt die Wirtschaft rasch zu einer Höchstleistung steigern. Die Kapitalbildung wird trotz der großen Kriegsverluste rasch erfolgen und durch Überangebot den Zins drücken. Das Geld wird dann gehamstert werden. Der Wirtschaftsraum wird einschrumpfen, und große Heere von Arbeitslosen werden auf der Straße stehen. An vielen Grenzpfählen wird man dann eine Tafel mit der Aufschrift finden können: 'Arbeitssuchende haben keinen Zutritt ins Land, nur die Faulenzer mit vollgestopftem Geldbeutel sind willkommen.'
    Wie zu alten Zeiten wird man dann nach dem Länderraub trachten und wird dazu wieder Kanonen fabrizieren müssen, man hat dann wenigstens für die Arbeitslosen wieder Arbeit. In den unzufriedenen Massen werden wilde, revolutionäre Strömungen wach werden, und auch die Giftpflanze Übernationalismus wird wieder wuchern. Kein Land wird das andere mehr verstehen, und das Ende kann nur wieder Krieg sein."

    Silvio Gesell, direkt nach dem Ende des 1. Weltkrieges

    Am Ende des kapitalistischen Zeitalters treibt die "Giftpflanze Übernationalismus" nun auch in Frankreich ihre Blüten. Die menschliche Dummheit (Politik und Religion) wird allein dadurch ein Ende finden, dass der Krieg - zwecks umfassender Sachkapitalzerstörung, um den Zinsfuß hochzuhalten - nur solange der Vater aller Dinge sein konnte, wie es noch keine Atomwaffen gab:

    http://www.deweles.de/files/anww194.pdf

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  2. Herr Tecu von "FADERE" ist nicht der Präsident der Romas sondern der President der Föderation der Verbände der Rumänen in Europa.
    Die Sinti und Romas bzw. Zigeuner sind meines Wissens nach nicht organisiert.

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  3. Wer sich in Deutschland Rumänien vorstellt denkt zuerst an Zigeuner und an schmutzige kleine Kinder als auch an Taschendiebe, klar die gibt es auch, aber wer das Land einmal bereist hat, denkt plötzlich ganz anders und inzwischen ist Rumänien mit seinen vielen Zigeunern und seiner einzigartigen Zigeunermustik ein erstklassiges Einwanderungsland für deutsche. Aber eine Anwort auf Roma und Sinti Feindlichkeiten und wie man diese entgegentreten kann habe ich nicht.

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