Atos secretos - Korruption auf brasilianisch

Brasiilianisches Dauerthema ist zur Zeit der Senat in Brasilia (Senado Federal do Brasil), die 2. Kammer des Nationalkongresses. Der Senat hat in seiner Stellung Ähnlichkeiten mit dem us-amerikanischen Senat. Zur Gründungszeit, 1824, als Brasilien noch ein Kaiserreich war, stand eher das britische Oberhaus Pate. Der Senat hat 81 Mitglieder - Senatoren (senadores) -, deren Mandatszeit 8 Jahre dauert.

Vielleicht liegt es an der langen Amtszeit, dass im Senat Korruption und Nepotismus Hochkonjunktur haben. Der neueste Skandal, der jetzt in Brasilien auf der Tagesordnung steht, sind die "atos secretos". "Atos secretos" sind geheime Verwaltungserlasse. In der Regel handelte es sich um Erlasse, die Vergünstigungen für Familienmitglieder der Senatoren verfügten und deshalb vor dem Volk durch Nicht-Veröffentlichung geheim gehalten werden sollten. Auf diese Weise wurden auch Amtsstellen geschaffen oder Gehälter erhöht. Vor kurzem wurden auf diese Art und Weise die Beihilfen für zahnärztliche und psychologische Hilfen für die Ehepartner von Senatoren ausgeweitet. Insgesamt sollen zwischen 1995 und 2009 vom Senat 623 solcher "atos" erlassen und vor der Öffentlichkeit geheimgehalten worden sein.

Die Anweisungen, solche Verwaltungserlasse geheim zu halten, kamen aus dem höheren Beamtenapparat des Senates. Dafür verantwortlich gemacht werden der ehemalige Generaldirektor (ex-diretor-geral) Agaciel Maia und der ehemalige Personalchef (Recursos Humanos) João Carlos Zoghbi. Beide stolperten über Selbstbedienungsskandale im Immobiliensektor und mussten in der ersten Jahreshälfte zurücktreten. Der zuständige Referent für die Veröffentlichung von Erlassen des Senates gab zu, dass er die geheimen Erlasse in einer gesonderten Mappe verwahren musste und diese nur veröffentlichen durfte, wenn er eine entsprechende Anweisung der Direktoren bekam.

Der Präsident des Senates, José Sarney, war noch Mitte Juni der Meinung, dass es sich bei der Existenz dieser "atos secretos" um einen technischen Fehler ("erro técnico") handle. Sarney ist inzwischen kurz vor seinem politische Ende. Ständig tauchen neue Meldungen über Fälle von Nepotismus und unsaubere Geschäfte des Senatspräsidenten selbst auf. Heute berichtete die brasilianische Presse von Grundstückgeschäften, die Sarney mit einem Toten abgeschlossen haben soll.

Siehe auch Blogbeiträge:
Direktoren-Posse im brasilianischen Senat
Brasilianischer Senat hat 403 Chefs
Brasilianischer Senat ernährt 138 Direktoren
Vetternwirtschaft bei den Sarneys
Vetternwirtschaft bei den Sarneys: Wie lange noch?

Informationsquellen: Folha online, Sarney vendeu em 2002 terreno comprado de negociante morto und andere Artikel, Wikipedia portugiesisch
Reblog this post [with Zemanta]

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze