Spanien beispielhaft bei der Integration der Gitanos

Spanien ist ein Land, in dem die Roma ohne Gewissensbisse noch "Gitanos" also "Zigeuner" genannt werden. Das bedeutet aber nicht, dass Spanien Spitzenreiter in der Diskriminierung der Roma ist. Im Gegenteil: In Zeiten, in denen in Frankreich die Zigeuner-Hatz läuft, schaut man in Spanien selbstgefällig an sich herunter und rühmt sich, bei der Integration sehr gute Arbeit geleistet zu haben.

Die spanische Minderheit der "Gitanos" zählt ungefähr 700.000 Personen mit spanischer Staatsangehörigkeit. Sie leben seit vielen Jahrhunderten in Spanien. Dazu kommen etwa 30.000 bis 50.000 Roma, die eine ausländische Staatsangehörigkeit haben. Darunter sind überwiegend Roma aus Rumänien. Die Roma sind in Spanien lange nicht so marginalisiert wie in anderen europäischen Ländern.

Juan de Dios Ramírez Heredia ist Präsident der "Unión Romaní" (Unión del Pueblo Gitano / Union des Volkes der Zigeuner). Er war erster spanischer Abgeordneter aus dem Roma-Volk (1977) und erster Abgeordneter der spanischen Roma im Europaparlament (1986). Zur Situation seines Volkes in Spanien sagt er folgendes: "Wir haben eine weitgehende Akzeptanz in Spanien erreicht. Aber es sollte sich keiner täuschen. Bei uns gibt es immer noch die höchste Zahl an Analfabeten, die höchste Zahl an Arbeitslosen und viele wohnen immer noch in menschenunwürdigen Unterkünften. Für die Mehrzahl der Spanier erregt unsere Anwesenheit keine Ablehnung. Aber es gibt Rassisten, und zwar sehr gefährliche Rassisten".

Ein Berater der EU-Kommission in Minderheitenfragen sagt, dass die Politik der Integration der Roma in Spanien sehr gut funktioniert habe, aber es noch ein Teil der Roma gebe, die am Rande der Gesellschaft lebe. Und genau diese seien für die Spanier die sichtbarsten Vertreter und gut für jede Art von Vorurteilen und Stereotypen. Die spanische Politik sieht die Hauptherausforderung zur noch grösseren Integration der Roma in der Beseitigung der slumähnlichne Unterkünfte und im Bemühen, die Jugendlichen zu einer weiterführenden Schulbildung zu bewegen. Im Gegensatz zu Osteuropa hat sich der Lebensstandard der Roma in Spanien erheblich verbessert.

Das war nicht immer selbstverständlich. Bis 1977 wurden sie im Rahmen des Gesetzes "gegen Drückeberger und Gesindel" von der Polizei verfolgt. Ihre Kinder mussten von der Polizei in den Schulen gegen wütende Eltern aus den "ehrenwerten" spanischen Familien geschützt werden. Die Demokratisierung Spaniens und soziale Programme der Regierung brachten eine Änderung. Hinzu kam, dass aus der spanischen Gesellschaft, insbesondere auch von katholischen Gläubigen, Bemühungen kamen, den Roma bei der Integration zu helfen. Gleichzeitig wurden die Roma über das "Instituto de Cultura Gitana" (Institut für Zigeuner-Kultur) und den "Consejo Estatal del Pueblo Gitano" (Staatsrat des Zigeunervolkes) kulturell und auch institutionell in die sie betreffende Politik eingebunden. Der Staatsrat hat zum Beispiel die Aufgabe, den Arbeits- und Sozialminister in Fragen der Roma zu beraten.

Zur Roma-Politik in der europäischen Union schrieben die spanischen Roma-Vertreter gestern auf ihrer Webseite: "Wir  Zigeuner und Zigeunerinnen der "Unión Romaní" sind zutiefst bedrückt. Es gibt eine spanische Redensart: " Kurz ist die Freude im Haus des Armen". Das ist das, was uns passiert ist. Noch vor 3 Tagen begrüssten wir mit vollem Glockengeläut die Nachricht, dass die Justizkommissarin in der EU angekündigt hat, gegen die massiven Deportationen von Zigeunern durch die französische Regierung beim europäischen Gerichtshof Klage einreichen zu wollen. Wir beglückwünschten die Kommission zu dieser Absicht. Aber wir ahnten schon Schlechtes und unsere Skepsis wurde bestätigt. Man brauchte nur die Schlagzeilen der spanischen und europäischen Presse zu lesen, die für uns wie eine kalte Dusche gewirkt haben. Bis in unser Unterbewusstsein wurden wir von den Schreien  der Rassisten aller Farben getroffen, die da riefen: Viva Sarkozy! Und sie haben Grund zufrieden zu sein, denn nach dem Lesen der Erklärungen der Regierungschefs des EU-Gipfeltreffens von Brüssel musste man feststellen, dass Sarkozy sich durchgesetzt hat und dass seine Anti-Zigeuner-Politik von ihnen unterstützt wird gegen die Haltung, die die Justizkommissarin eingenommen hatte. ...........Wir Zigeuner glauben aber an die Menschen guten Willens in Europa, die immer noch die Mehrheit sind. Bürger sowohl der Linken wie auch der Rechten, Liberale oder Konservative, die überhaupt nicht einverstanden sind mit dem Verhalten der französischen Regierung - nicht zu verwechseln mit dem Verhalten der Franzosen, die zur Zeit dem Herrn Sarkozy nur noch 32% Wahlchancen einräumen, im Gegensatz zu 53% bei der Opposition."


Informationsquelle: El Pais, En integración gitana, algo habremos hecho bien und Unión Romaní, A LOS GITANOS Y GITANAS DE LA UNIÓN ROMANÍ NOS EMBARGA UNA PROFUNDA TRISTEZA

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