Gibt es 400.000 Faschisten in Andalusien?

Bei den Regionalwahlen ist erstmalig die vor nicht allzu langer Zeit gegründete rechtsextreme Partei "Vox" in das andalusische Parlament gewählt worden.  Im Jahrzehnt des Aufstiegs rechter Demagogen weltweit ist diese Entwicklung nicht mehr verwunderlich.  Aber gibt es in Andalusien tatsächlich so viele Anhänger einer Politik, die das Rad der Geschichte zurückdrehen möchte? Der Politikwissenschaftler Juan Carlos Monedero hat dazu in einem Blog der Web-Zeitung Público folgendes geschrieben:

396.000 Menschen in Andalusien, die Vox gewählt haben,  haben das Programm dieser Partei nicht gelesen. Denn dieses Programm sagt, dass die CCAA (die autonomen Regionen Spaniens) aufgelöst werden müssen und das richtet sich gegen die Bestimmungen der Verfassung.  Oder sind das etwa keine Anhänger der Verfassung? Die haben VOX nicht gewählt,  weil sie deren Programm gelesen haben.

Es gibt auch keine 396.000 Andalusier, die dafür sind, dass man die Gesetze zur historischen Erinnerung abschafft und die von Franco Ermordeten in ihren Massengräbern lässt, ohne dass die Angehörigen die Möglichkeit haben ihre sterblichen Reste zurück zu bekommen.  Es kann in Andalusien auch keine 400.000 Personen geben, die behaupten, dass es keine häusliche Gewalt gibt und dass erfundene Anzeigen wegen sexueller Gewalt gegen Frauen ein "Genozid" gegenüber Männern, die sich selbst deswegen umbringen, provozieren.  396.000 Andalusier, die Frauen hassen und die dafür sind, dass man Homosexuelle strafrechtlich verfolgt? Fast 400.000 Andalusier, die glauben, dass alle Migranten, die nach Spanien kommen, Straftäter sind und die glauben, dass man im Süden eine Mauer bauen muss nach dem Beispiel von Trump? Es gibt doch keine 400.000 Andalusier die das Gesetz über den freiwilligen Schwangerschaftsabbruch abschaffen wollen.

Vermutlich haben die 396.000 Andalusier das Programm von Vox nicht gelesen und sie haben für diese Partei gestimmt,  weil die behauptet, dass die katalanische,  galicische oder baskische Sprache minderwertige Sprachen sind und die auf den Zerfall der Europäischen Union setzen, auch wenn das mit der Gefahr verbunden ist, dass das die Verständigung zwischen den Völkern und den Frieden in Gefahr bringt, den Europa bisher genießen konnte. Es kann doch in Andalusien keine 396.000 Personen geben, denen Spanien angeblich über alles geht und die es gleichzeitig hinnehmen, wenn ein Gringo wie Bannon oder die Multinationalen Unternehmen diktieren, was sie tun sollen. 

Oder doch? Weil der Kapitalismus in Krise in der Geschichte immer im Faschismus geendet hat. Der Faschismus lebt von Vorurteilen,  vom Gefühl des schlecht behandelt zu werden und von den einfachen Versprechungen,  die darauf abzielen,  dass man Christ alter Tradition ist oder mindestens 6 arische Familiennamen hat. .....  In Andalusien haben sie Vox aus Unzufriedenheit gewählt und nicht wegen deren Programm.

Das Problem in Andalusien  - und in Spanien- ist nicht, dass es eine Mittelklasse gibt, die aus Angst den Faschismus wählt oder eine beleidigte Oberklasse, die für den Faschismus stimmt.  Das ergibt sich aus der liberalen Demokratie und ist leicht zu vermeiden.  Das Problem entsteht,  wenn die Arbeiter die Gauner wählen und dadurch das Gleichgewicht der Kräfte zerbricht. Vox, Ciudadanos und PP haben gemeinsam eine Situation der Angst und des Hasses geschaffen, eine "Identität der Vergessenen" gegenüber der Linken um die die Regierung stellende Susana Diaz und die wiederum hat Podemos dämonisiert,  um sich unersetzlich zu machen.  So wurde eine Abstimmung des Hasses ( machistisch, rassistisch, ultra) mobilisiert, von denen, die nicht mehr gewählt haben, die geschwiegen haben und die jetzt eine Gelegenheit hatten ihren unterdrückten Zorn los zu werden.  Das Vaterland aufzuwühlen bis es zerbricht.  Wie wenn die Menschen in Andalusien darauf aus wären Fahnen zu fressen.
 
Ich insistiere: in Spanien gibt es noch eine kritische Bewegung,  geboren aus der Bewegung des 15M. Auf der einen Seite auf der Linken wird sie von Podemos repräsentiert und seine Aufgabe ist es die Nährmutter dieser politischen Familie zu sein. Wenn Podemos an Profil verliert wird die extreme Rechte diesen Raum besetzen. Die Rechte, die das Eine behauptet und gleichzeitig auch das Gegenteil. Die Medien spielen mit und die bezahlten sozialen Netzwerke verstärken diese Vorstellungen bei deren Wähler.  Vox behauptet,  dass es sich mit der Verfassung anlegt, aber Ciudadanos und PP unterstützen diese Partei, obwohl sie behaupten Verfassungsfreunde zu sein. Die Rechte nimmt sich das Recht zu sagen, wer sich an die Verfassung hält und wer nicht. Dasselbe Recht nehmen sie sich heraus, um zu sagen, wer Spanier ist und wer nicht.

Ich befürchte, dass es 400.000 Demokratie-Feinde in Andalusien gibt. Aber nicht alle, die Vox gewählt haben sind solche. In Vox gibt es Faschisten, aber genauso in der PP und bei Ciudadanos. Die Partei wird aber auch durch eine Politik, die der "Susanismo" repräsentiert genährt. Weder würde Vox ohne Susana Diaz noch Trump ohne Hillary Clinton existieren. Der kämpferische Geist  in Spanien - er wird existieren solange der Neoliberalismus und seine Fabrik Verlierer in seinem Wirtschaftssystem produzieren wird - wird von irgendwem repräsentiert werden. Sicher wird ein Teil derjenigen 41%, die nicht wählen gingen,  beschämt sein, obwohl sie genügend Gründe hatten zu Hause zu bleiben.

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