Weshalb gibt es eigentlich den Nordirlandkonflikt?

Die Zeitung "The Guardian" gibt aus Anlass der Tatsache, dass in der nordirischen Hauptstadt Belfast die Unruhen wieder zunehmen, eine kurze Zusammenfassung der Nordirlandkonflikts:

Die Trennungen in Nordirland gab es lang entlang politischen Streitpunkten bezüglich der Tatsachen, wie es regiert, von wem und entlang welcher religiösen Verwerfungslinien.

Die Unionisten, die auch "Loyalists" genannt werden, stehen loyal zur Union zwischen Nordirland und Großbritannien. Historisch waren es meistens Protestanten und oft nennt man die Region Nordirland "Ulster" - eine der traditionellen Provinzen Irlands, auf dessen Gebiet es teilweise liegt. Die Republikaner, auch Nationalisten genannt, glauben an eine vereintes und unabhängiges Irland. Aus historischer Sicht waren sie meistens Katholiken. Sie beziehen sich manchmal auf Nordirland als den "6 Provinzen (counties)" im Bezug auf die Tatsache, dass ihr Gebiet 6 von 9 Provinzen von Ulster erfasst

Die beiden Bevölkerungsteile tendieren dazu entsprechend ihrer Trennungslinien zu wählen, mit Parteien wie "Democratic Unionist party" und der "Ulster Unionist party", die vor allem von den Unionisten gewählt werden, während die Nationalisten eher für die SDLP (Sozialdemokratische und Labour Partei) oder "Sinn Féin" stimmen. Die "Allianz-Partei (Alliance party)" und die "Grüne Partei (The Green party)" genießen eine gewisse Unterstützung von beiden Seiten.

Das "Good Friday-Abkommen" von 1998 brachte relativen Frieden und Stabilität in die Region. Davor gab es Jahrzehnte von Konflikten rund um Nordirland, die sprichwörtlich als "the Troubles" bezeichnet wurden und von den paramilitärischen Organisatione aus beiden Seiten betrieben wurden. 

Bestimmte Organisationen, die "Provisional Irish Republican Army (IRA)" eingeschlossen, kämpften für die Sache der Nationalisten und auf der anderen Seite gab es Gruppen wie die "Ulster Defence Association (UDA)" und die "Ulster Volunteer Force (UVF)" in dem andauernden Konflikt, der terroristische Attacken und Morde in der Republik Irland und Britannien einschloss. Ungefähr 3.500 Menschen wurden in dieser Zeit getötet, eingschlossen, diejenigen, die von den britischen Sicherheitskräften getötet wurden. 

Die Wurzeln des Konflikt gehen bis weit in das 12. Jahrhundert zurück als Irland mit Gewalt von Britannien aus erobert wurde. Zeichen dieser langen Geschichte sieht man noch heute an den benutzten Symbolen und Festtagen, die von beiden Seiten gefeiert werden. Die Loyalisten zelebrieren mit ihren Orange Order Märschen den Sieg des Protestanten Wilhelm von Oranien im Jahre 1690 über den katholischen König James II. bei der Schlacht von Boyne, währen die Republikaner Ereignisse wie den Osteraufstand (Easter Rising) von 1916 feiern, der den Weg frei machte für den Aufbau der modernen unabhängigen Republik von Irland.

Der Brexit hat in neuester Zeit die Trennung wieder verschärft, indem die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu einer Landgrenze zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wurde und dadurch zu einer Quelle von Spannungen zwischen den beiden Handelsblöcken über ihre zukünftigen Beziehungen. Die DUP und andere Unionisten kämpften und unterstützten den Brexit, während Sinn Féin und andere Republikaner dagegen kämpften. Nordirland wählte insgesamt für den Verbleib in der EU mit 55,8% zu 44,2%.

Was etwas zur kurz kommt bei dieser Fassung, aber zum Verständnis des Hasses zwischen den beiden Gesellschaftgruppen benötigt wird, ist, dass die protestantischen Nordiren und mit ihnen zusammen die britische Herrenklasse, die katholischen Iren lange als Menschen 2. Klasse behandelten. Noch in den 50er Jahren hatten wohlhabende protestantische Iren mehr Wahlstimmen als eine katholische Einzelperson, typisch war das "Gerrymandering" (der parteiische Zuschnitt von Wahlbezirken), mit dem die Protestanten sich ständig eine große Mehrheit im nordirischen Parlament sichern konnten. Auch die Polizei war das Instrument dieser Herrscherklasse. Im sozialen Bereich, vor allem bei der Zuteilung von öffentlichen Wohnungen, wurden die Katholiken systematisch benachteiligt. Für unversöhnlichen Hass und Verachtung sorgten Typen wie der Priester Ian Paisley, der von seiner Kanzel aus gegen alles was katholisch war geiferte und eine zeitlang die nordirische Politik bestimmte.


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