Tollhaus Spanien und das Rechtsstaatverständnis der spanischen Eliten

Der spanische Abgeordnete im Kongress, Gabriel Rufián, schrieb vor kurzem  auf Twitter:

Diese Woche hat der geflüchtet König, 1/10 dessen zurückgezahlt, was er uns gestohlen hat, seine Prinzessinnen liessen sich illegalerweise impfen, einige Richter sprachen militärische Führungskräfte frei, die vorgeschlagen hatten ein Teil der Bevölkerung zu erschiessen und es wurden einige Akademiker wegen des 1. Oktober (Tag des Referendums über die Unabhängigkeit in Katalonien) vor Gericht gestellt und Villarejo (Ex-Polizist und Privatdetektiv, in schmutzigen Geschäften für konservative Politiker und Wirtschaftsgrößen tätig) ist wieder frei.

Damit ist in wenigen Sätzen das ganz Elend der spanischen Politik und des miserablen Zustandes des Rechtsstaates in Spanien charakterisiert.

Juan Carlos, der geflüchtete Ex-König, dem der Vorwurf der Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung gemacht wird, ist mit staatlicher Duldung in die Vereinigten Arabischen Emirate geflüchtet, weil es mit diesem Land kein Auslieferungsabkommen gibt und er dort bei den monarchistischen Autokraten den sichersten Schutz hat. Er hat jetzt dem spanischen Staat einen Teil der Steuern, die er hinterzogen hat, zurückgezahlt, ohne dabei zuzugeben, dass er sich strafrechtlich schuldig gemacht hat. Die Regierung und leider auch die führende Regierungspartei stellt sich schützend vor ihn, weil sie befürchtet, dass sonst die monarchische Verfassung Spaniens endgültig gegen die Wand gefahren wird. Was wiederum das Militär auf den Plan rufen würde, das sich auf Grund seiner Kompetenzen aus der Franco-Zeit ein besonderes Recht herausnimmt, notfalls die Politik mit Waffengewalt zum richtigen Verhalten zu zwingen.

Hinzu kommt eine absolut parteiische oberste Justiz, eingesetzt von der früheren konservativen Regierung, die die Eroberung der Justiz mit willfährigen Richtern sich zum dringendsten Ziel gemacht hatte, weil die Regierungspartei der Partido Popular tief in Korruptionsskandale verwickelt war und ist. Bis heute ist keiner der Führer vor Gericht gestellt und abgeurteilt worden. Militärs, die das Erschiessen von Teilen der Bevölkerung für richtig halten, bleiben strafrechtlich unbehelligt, während Jugendliche, die an einer Wirtshausschlägerei mit Beamten der Guardia Civil beteiligt waren zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Rapper und Blogger, die ihrem Zorn über das verrottete System drastisch freien Lauf geben, wurden wegen "Verherrlichung des Terrorismus" verhaftet und ins Gefängnis geworfen oder sie mussten in EU-Staaten mit mehr Rechtsstaat-Verständnis flüchten. Es ist ein absolut parteiische Justiz, die seltsamerweise zwar vom Europäischen Menschengerichtshof gerügt, aber von der Europäischen Union unbehelligt ihr Unwesen treiben kann.

Das gilt auch für die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, wo die damals für das nach Meinung der Zentralregierung illegale Referendum verantwortlichen Politiker heute immer noch als politische Gefangene in den Gefängnissen sitzen. Die Gefängnisverwaltung hat ihnen inzwischen Hafterleichterung gewährt, wogegen sich die Staatsanwaltschaft der Zentralregierung mit Schaum vor dem Mund wehrt und dies mit allen Mitteln verhindern will. Jetzt stehen auch wieder ein paar Akademiker vor Gericht, weil sie Mitglieder des Wahlausschusses zur Überwachung des Referendums waren. Die Staatsanwaltschaft verlangt, dass sie für 2 Jahre und 9 Monate ins Gefängnis sollen, wegen "Ungehorsam" und Amtsanmassung.



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