Wie in Sevilla das Coronavirus der Verluderung des Essgewohnheiten entgegenwirkt

In Andalusien ist es in vielen Restaurants üblich, das bestellte Essen auf einer Platte für alle in die Mitte des Tischs zu stellen. Das gilt vor allem für den ersten Gang, in der Regel Salat mit Beilagen. Die Gäste bewaffnen sich dazu mit ihrere Gabel und stochern gemeinsam auf der Platte herum. Dieser Trend soll sich in letzter Zeit so verstärkt haben, dass man das Personal schon eindringlich bitten musste, um einen Einzelteller zu bekommen. Das Coronavirus und die damit eingehenden Hygienevorschriften setzen dem nun ein Ende.

Für den Journalisten Carlos Navarro Antolin ist es höchste Zeit, dass diese Gewohnheiten verschwinden. Er schreibt im Diario de Sevilla unter dem Titel "Die Rückkehr zum Einzelteller":

Die Wiedereröffnung die Bars bringt die Verpflichtung mit sich, keine Gerichte mehr untereinander zu teilen. Die Bars machen jetzt Schluss mit der gemeinsamen großen Platte. Sicher, sie sind ein Symbol der Brüderlichkeit und erfüllen das volkstümliche Sprichwort, dass wir alle von demselben Teller essen und ähnliches. Aber sie sind eine Sauerei. Das größte Attentat gegen die Hygiene waren diese absurden Platte, die dem Personal die Arbeit leicht gemacht hat. "Stelle ich ihnen eine gemeinsame Platte in die Mitte und danach Einzelgericht für jeden?" wird man gefragt und damit wird man schon dem Virus ausgeliefert, weil das Personal für das Servieren keine Gedecke benutzt. Sogar in großen Restaurants in Sevilla haben sie sich dieses Verhalten angewöhnt und man muss schon darum bitten, wenn man es nicht so haben will. Und auch wenn du darum bittest und sie dir es bringen, dann gibt es immer wieder einen Dreckspatz, der seine benutzte Gabel in deinen Salat steckt und dann erstaunt fragt, warum man nicht weiter isst.

Die gefährlichsten Typen sind die, die ihre Gabel über dem Tisch pendeln lassen wie ein Torero mit seinen Spießen vor dem Stier. Bei denen geht es nicht daneben. Du siehst sie mit angewinkeltem Ellenbogen auf dem Tisch und weißt, dass diese Typen ihr schon gebrauchtes Besteck in die Speisen auf der gemeinsamen Platte stecken werden. Was für ein Ekel, wenn alle vom gemeinsamen Teller ihre angemachten Tomaten essen. Diese Typen nehmen nicht die erstbeste Tomate, sondern testen auch die anderen. Sie stecken die abgeleckte Gabel in alle Tomaten und daneben liegenden Muscheln. Gar nicht zu reden von den Spargeln mit Mayonnaise, in die sie ihre dicken Finger stecken.

Deshalb bin ich den Behörden dankbar, dass sie diese gemeinsamen Platten in der Mitte, Beispiele des schlechten Geschmacks und ein Infektionsherd, verbieten. Vorbei mit dem Typ, der sich anbietet den Salat anzumachen und mit seiner bereits benutzten Gabel darin herumrührt, um dann festzustellen: "es fehlt noch Salz, nicht wahr?". Alles vorbei, jetzt bekommt jeder seinen Teller und wir brauchen uns um die Sauereien der anderen nicht zu kümmern.


Dass man jetzt auch nur noch eine Tisch für maximal 4 Personen reservieren kann, ist auch ein Vergnügen. Man isst nie gut mit mehr als dieser Personenzahl. Ein Tisch für 5 ist zu lärmig. Die stark besetzten Tisch sind voll mit Brotkrümeln auf dem Tisch, schmutzigem Geschirr, das keiner abholt, herumfahrenden Servietten.

Schön auch die Anordnung, dass die Tische in den Restaurants weit auseinander gestellt werden müssen. Der Schrecken, dass du dich unterhältst, aber auch alles mitbekommst, was am Nebentisch, der an deinem klebt, erzählt wird.

Das, was sie uns angekündigt haben, wird erfüllt: Nichts wird mehr so sein wie es vorher war. In manchen Bereichen wird es sogar besser sein. Wenn das Coronavirus uns reinlicher und diskreter in den Restaurants macht, dann haben wir etwas positives in der Qualität unseres Zusammenlebens gelernt. Endlich gibt es wieder die gesegnete Distanz. Wie gut wäre es gewesen, wenn wir Distanz gewahrt hätten. Sie gibt Sicherheit, nicht nur im Verkehr. Also zurück zum Einzelteller.

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