Allex, die Flüchtlinge und das Volk

"Frankreich steht vor einer bisher nicht gekannten Flüchtlingskrise, der schlimmsten seit dem 2. Weltkrieg und den davon ausgehenden Wirkungen. Im vergangen Jahr haben seither mehr als eine Million Flüchtlinge das Gebiet der Europäischen Union erreicht. Im Laufe desselben Zeitraum haben ungefähr 3.700 Flüchtlinge beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, den Tod gefunden. Um auf diese Krise zu antworten, hat die Regierung entschieden auf seinem Territorium Zentren zur Unterbringung der Menschen, die aus ihrem Heimatland geflohen sind, zu errichten.”

Auf diese Weise informiert der Präfekt des Départements Drôme die Bevölkerung in seinem Gebiet. Unter anderem soll in der knapp 2.500 Einwohner zählenden Gemeinde Allex ein Unterbringungszentrum für Flüchtlinge geschaffen werden. Nach Angaben des Präfekten sollen 50 Flüchtlinge aufgenommen. Männer, Frauen, Ehepaare, die aus den Zentren für die Registrierung von Flüchtlingen (hotspots) aus Calais und der Region Paris kommen, wo sie zur Zeit obdachlos leben. Die Aufnahme ist unabhängig von ihrem Aufenthaltsrecht oder vom Asylgesuch. Die Flüchtlinge können 1 bis 3 Monate dort bleiben, Menschen deren Asylgesuch abgelehnt wird, werden abgeschoben.

Gegen Einrichtung dieses Zentrums Widerstand. Der Gemeinderat hat in einer stürmischen Sitzung beschlossen, über die Einrichtung des Zentrums ein Referendum durchzuführen. Man befürchtet eine zu schnelle Entscheidung, die von oben durchgesetzt wird. 3 Vertreter der Opposition haben gegen das Referendum gestimmt, weil dieses “die Bevölkerung gegeneinander aufbringen und zum Hass anstacheln” werde.

Für die Durchführung des Referendums wurde sehr schnell eine Bürgerinitiative gegründet, die der Bevölkerung ausmalte, dass in dem beschaulichen Dorf bald Zustände wie in Calais herrschen würden. Grußbotschaften aus Calais werden weitergegeben, die die Initiatoren in ihrem Anliegen unterstützen sollten. Obwohl ja eigentlich gerade dieses Zentrum zur Entlastung der Situation in Calais beitragen sollte. Aber Nachdenken ist beim Thema schon lange nicht mehr gefragt. Die Bürgerinitiative ruft zu all umfassenden Widerstand gegen Flüchtlingsunterbringungen auf:
“Wir müsse alle mobilisieren. Wir laden jede andere Gemeinde, die vor denselben Problemen steht, ein, dasselbe zu tun, kontaktieren sie die Institutionen ihres Départements. Machen wir aus unser Forderung eine nationale Angelegenheit!”

Wenn 50 Flüchtlinge schon eine Katastrophe sind, wie soll das erst einmal werden, wenn eine größere Menge untergebracht werden soll? Auf jeden Fall werden – wie von der Opposition in Allex befürchtet – einschlägige Kreise alles daran tun, um die Bevölkerung mit düstersten Schilderung gegen alles, was Frankreich an humanitärer Hilfe leisten will, aufzuhetzen. Solidarität mit Mitmenschen in Not hat hier keine Chance. Der Präfekt hält auf jeden Fall das Referendum für illegal, argumentiert aber nur juristisch.


Informationsquelle
13 septembre 2016 : centre d’accueil et d’orientation d’ALLEX
Centre pour réfugiés | La tenue d'un référendum votée à Allex, en conseil municipal
Pour un référendum local à Allex

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