Atomstaat Frankreich und die, die etwas dagegen haben

Jeder Franzose hat im Umkreis von 300 km oder weniger Aussicht auf ein Atomkraftwerk. 58 Reaktoren stehen in 19 Zentralen, damit ist Frankreich weltweit die Nation mit den meisten Reaktoren pro Einwohner. Zu diesen Installationen kommen noch atomare Zwischenlager und Wiederaufarbeitungsanlagen. Während im Rest der Welt der Anteil des Elekrizitätsverbrauchs an der Atomkraft 2,5% beträgt sind es in Frankreich 18%.

Die Organisation France Nature Environnement (FNE; Frankreich Natur Umwelt) ist eine Bürgerbewegung, die sich seit 40 Jahren um den Natur- und Umweltschutz in Frankreich kümmert. Sie arbeitet mit ungefähr 3.000 lokalen Vereinigungen in Frankreich zusammen. FNE kämpft gegen die Nuklearenergie mit folgenden Argumenten:

Die Nuklearenergie sorgt nicht für die Energie-Unabhängigkeit Frankreichs. Das Uran kommt ausschließlich aus dem Ausland. Die Energie-Unabhängigkeit ist ein reines Täuschungsmanöver. Es gibt kein einziges aktives Bergwerk in Frankreich. Das Uran kommt aus Bergwerken in Kanada sowie aus so instabilen Ländern wie Kasachstan und Niger. Trotz Nuklearenergie ist Frankreich massiv vom Öl und Gas abhängig.

Die Nuklearenergie ist keine saubere Energie. Das Uran ist kein erneuerbarer Rohstoff. Für seine Gewinnung wird eine große Menge fossiler Energie benötigt, bei denen CO2-Emissionen entstehen. Zum Beispiel werden in Niger für die Gewinnung von 3 kg Uran 1 Tonne Gestein bearbeitet. Die Atommeiler lassen sich schlecht an den Bedarf anpassen, so müssen an kalten Wintertagen Kohlekraftwerke angeworfen werden, um den steigenden Heizungsbedarf decken zu können.

Die Nuklearenergie wird nie das Öl ersetzen können. Trotz der vielen Atomkraftwerke ist der Verbrauch von Öl, Gas und Kohle in Frankreich nie unter 20% gesunken. Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen ist keine Lösung. Diese verlängert nur die Dominanz des Individualverkehrs und verlagert die Luftverschmutzung vom Auspuff in die Kraftwerke. 

Die Nuklearenergie ist teurer wie es den Anschein macht. Entsprechend dem Bericht Charpin-Pellat-Dessus wurden in den vergangenen 30 Jahren mehr als 100 Milliarden Euro für die Forschung und Entwicklung, 63 Milliarden Euro für den Rückbau alter Atomkraftwerke und mindestens 35 Milliarden Euro für die Endlagerung der am stärksten strahlenden Nuklearabfälle ausgegeben. Die Nuklearenergie kommt dem Konsumenten teuer zu stehen. Ende März 2011 hat EDF eine Steigerung des Strompreises um 30% bis 2016 verlangt. Die Atomkraftwerke sind zudem gegen schwere Unfälle nicht versichert, ein Fukushima-Gau käme den französischen Steuerzahler äußerst teuer zu stehen.

Zivile oder militärische Nuklearenergie, die Kultur der Geheimnistuerei ist ständig präsent. In Frankreich ist seit ihren Anfängen der Nuklearkomplex eine spezielle Domäne, die außerhalb der Gesetze funktioniert. Die Entscheidung für den Start der Nuklearenergie in Frankreich im Jahr 1974 wurde ohne jede Beteiligung des Parlaments beschlossen. Als im Jahre 2005 über den Bau des Hochtemperaturreaktors von Flamanville diskutiert wurde, wurde die damit verbundene Dokumentation als militärisches Geheimnis eingestuft. Diese Geheimnistuerei ist noch strikter, da die Nuklearenergie mit der Atombombe entstanden ist und die zivile und militärische Industrie eng miteinander verquickt sind.

FNE schreibt, dass 25 Jahre nach Tschernobyl und seit dem 12. März 2011, dem Drama von Fukushima, allen klar sein müsste, dass die Nuklearenergie nicht beherrschbar ist. Ein mittelfristiger Ausstieg aus der Nuklearenergie und ein radikaler Wechsel der gesamten französischen Energiepolitik sei unabdingbar.

Informationsquelle
Sortons du nucléaire - FNE

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